Wochenlang haben die Menschen in NRW den Dauerregen ertragen und in den Hochwassergebieten um ihre Häuser und Höfe gebangt, jetzt kommt der lang ersehnte Wetterumschwung. Der Regen hört auf - aber dafür ist Frost im Anmarsch.
Wettlauf mit dem Frost in Goch
In Goch am Niederrhein ist die Feuerwehr seit Freitagabend schon wieder im Dauereinsatz. Hier steht eine wichtige Hauptstraße unter Wasser. Die Helfer füllen und stapeln Sandsäcke, waten stundenlang durch knöchelhohes Wasser, das auf dem Asphalt steht und pumpen Wasser ab. Immer wieder rollt ein Bagger heran, in der großen Schaufel vorne etliche Sandsäcke. 500 sollen an diesem Tag verbaut werden. Sie mussten in einem nahen Kieswerk gefüllt werden.
"Wir wurden gerufen, weil die ganze Straße überflutet ist. Durch den Regen strömt wieder einiges an Wasser auf die Straße", so Strauch.
Die Straße im Ortsteil Hassum müsse für Rettungsfahrzeuge frei bleiben. "Wenn das Wasser hier nicht ganz weggepumpt wird, haben wir die Gefahr einer großen Eisfläche, über die dann keine Fahrzeuge mehr kommen können."
Kein Eishochwasser in Sicht
In NRW ist die Hochwasserlage nach Angaben des Umweltministeriums weiter angespannt, aber stabil. Überwiegend gingen die Pegelstände zurück, erklärte ein Sprecher des Ministeriums am Samstag. Doch was passiert jetzt mit den durchgeweichten Deichen, wenn der Frost kommt?
Entwarnung kommt von der RWTH in Aachen. Dort sieht man zunächst nicht die Gefahr, dass der Frost die Deiche jetzt gleich aufsprengen könnte, wie das bei Straßen zu befürchten ist. Denn: Die Deiche seien aus Erde gebaut und ständen ja auch sonst im Winter herum, so Holger Schüttrumpf, Professor am Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft.
Auch gäbe es nur noch sehr wenige Asphaltdämme, für die das ein Problem sein könnte. Wichtiger sei, dass das Wasser abläuft. Sollte es länger sehr kalt bleiben, müsste man da noch mal hinschauen. Aber bis so ein Deich in die Tiefe friert, dauere es doch arg lange und brauche sehr tiefe Temperaturen. Ein "Eishochwasser" sei jetzt nicht zu erwarten
Das sieht auch WDR-Meteorologe Jürgen Vogt so: Probleme bei Eislagen gebe es fast nur, wenn es einen Eisstau gebe, wenn also Eisbarrieren den Wasserablauf verhindern. "Bei uns werden die Temperaturen in der kommenden Woche verbreitet mal unter den Gefrierpunkt sinken - aber wir bekommen erstmal aller Voraussicht nach keinen höllischen Frost, der alles zufrieren lässt bis in tiefe Schichten."
Deiche vom Frost verfestigt?
Andernorts sind sich Experten nicht ganz einig darüber, ob die eiskalten Temperaturen für die aufgeweichten Deiche eher Fluch oder Segen sind.
Es lasse sich nicht pauschal sagen, inwieweit sich Frost positiv oder negativ auf die Deichstabilität auswirke, sagte die Direktorin des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), Anne Rickmeyer, der Nachrichtenagentur dpa.
In Sachsen-Anhalt könnte der angekündigte Dauerfrost bei der Abwehr des Hochwassers hilfreich sein: "Das wird uns in die Karten spielen", sagte eine Sprecherin des Katastrophenstabs des Landkreises Mansfeld-Südharz. Die Deiche würden bei dem Frost verfestigt.
Schadet Frost den feuchten Häusern?
Die Kombination Hochwasser und Frost fürchten vor allem Hausbesitzer. Das Mauerwerk kann Schaden nehmen, wenn es feucht ist. "Wenn Wasser gefriert, dehnt es sich um zehn Prozent aus", zitiert die dpa Norbert Gebbeken, Experte für Baustatik der Bundeswehr-Universität München. "Und diese Ausdehnung kann einen so hohen Druck erzeugen, dass Material oder Bauteile wirklich zerstört werden" - vor allem, wenn Gebäudeteile bereits durchfeuchtet sind. Bei Minusgraden um die zehn Grad müssten Hausbesitzer versuchen, die Kälte nicht in durchnässte Gebäudeteile eindringen zu lassen, etwa mit Strohballen oder mit Wärmedämmplatten aus dem Baumarkt.
"Moderater und nicht lang anhaltender Frost wird im Keller stehendes Wasser nicht gefrieren lassen."ergänzt Christine Buddenbohm vom Zentralverband des Deutschen Baugewerbes. Hausbesitzer sollten dennoch vollgelaufene Keller möglichst abpumpen.
Rekordkälte im Norden
Während wir bei minus ein Grad schon bibbern, haben es die Norweger gerade mit einer Rekordkälte zu tun. In der norwegischen Hauptstadt Oslo ist die Temperatur erstmals seit Beginn der Aufzeichnungen unter minus 30 Grad gefallen.
Der Norden Europas wird derzeit von einer mehrere Tage anhaltenden Kältewelle heimgesucht. In Nordschweden wurde am Mittwoch ein Kälterekord von minus 43,6 Grad verzeichnet - die niedrigste Temperatur, die in den vergangenen 25 Jahren im Monat Januar auf dem schwedischen Territorium gemessen wurde.
Unsere Quellen:
- WDR-Wetterunit
- Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
- dpa
- TV-Niederrhein
Über dieses Thema berichten wir am 06.01.2024 auch im WDR-Fernsehen in der Aktuellen Stunde.