60 Ärzte kämpfen für Schwangerschaftsabbrüche in Lippstadt

Stand: 03.03.2025, 17:41 Uhr

In Lippstadt kämpfen Ärztinnen und Ärzte dafür, dass es weiterhin Schwangerschaftsabbrüche bei medizinischen Indikationen gibt. Die sind dort nicht mehr möglich,
seit sich das evangelische und das katholische Krankenhaus zum christlichen Klinikum zusammengeschlossen haben.

In der größten Stadt im Kreis Soest haben 60 Ärztinnen und Ärzte einen offenen Brief geschrieben. Darin forden sie, dass es weiterhin Schwangerschaftsabbrüche bei medizinischen Indikationen geben soll. Hintergrund: Nach der Fusion der beiden Lippstädter Krankenhäuser zum christlichen Klinikum gibt es seit dem 1. Februar keine Abtreibungen mehr, wenn schwere Missbildungen bei den Kindern zu erwarten sind. Das hatte die katholische Seite durchgesetzt.

Katholische Kirche setzt sich durch

In dem offenen Brief nennen die sechzig Ärztinnen und Ärzte das Vorgehen der katholischen Kirche unbarmherzig. Schwangerschaftsabbrüche werden von der katholischen Kirche nur dann geduldet, wenn das Leben der Mutter in großer Gefahr schwebt. Starke Missbildungen des Kindes dagegen dürfen nach katholischer Lesart nicht zum Abbruch führen. Das gelte auch, wenn die Schwangerschaft zum Beispiel nach einer Vergewaltigung abgebrochen wird.

Solidarität mit Betroffenen

Jede Frau habe ein Anrecht auf eine fachgerechte Behandlung bei einer medizinischen Indikation, heißt es dazu in dem offenen Schreiben der Ärzte aus dem Großraum Lippstadt weiter. Die gesetzlich vorgegebenen Kriterien dürften nicht durch die katholische Kirche ausgehebelt werden.

Wörtlich heißt es: "Wir Ärztinnen und Ärzte mit einem Versorgungsauftrag für Lippstadt und Umgebung bekunden mit unserer Stellungnahme den betroffenen Frauen und Paaren sowie den in der Lippstädter Frauenklinik Tätigen unsere Solidarität. Die Verantwortlichen der beiden Krankenhäuser rufen wir zum Dialog und zum Überdenken des Standpunktes auf."  

Ärger um neue Abtreibungs-Regeln im Klinikum Lippstadt WDR Studios NRW 03.03.2025 00:52 Min. Verfügbar bis 03.03.2027 WDR Online

Protestschreiben von Ärzten und Pflegepersonal

Die Fusion ist zum 1. Febuar vollzogen worden. Gegen das Aus für den Großteil der Schwangerschaftsabbrüche hatte sich der Chefarzt der Lippstädter Frauenklinik öffentlich kritisch geäußert, schließlich auch gegen seinen Arbeitgeber geklagt. Bis zum Ende einer Güte-Verhandlung möchte er sich nicht mehr öffentlich äußern. Er habe eine große Unterstützung seiner Belegschaft. In einem Protestschreiben von Ärzten und Pflegepersonal des Krankenhauses heißt es dazu, man wolle Paare in höchster Not nicht allein lassen. Das sei unchristlich.

"Punkt war nicht verhandelbar"

Unter der Leitung der Chefarztes war der Bereich des Evangelischen Krankenhauses Lippstadt viele Jahre erfolgreich gewachsen, unter anderem sind gerade fünf Millionen Euro in eine neue Entbindungsstation investiert worden. Zuletzt waren mehr als 1.600 Babys pro Jahr geboren worden. Beide Krankenhäuser betonten im Vorfeld, dass ein Zusammenschluss der beiden Häuser unumgänglich sei, damit beide Krankenhausstandorte auf Dauer überleben können. "Das Erzbistum hat ausdrücklich auf diese Vereinbarung gepocht. Dieser Punkt war nicht verhandelbar", erklärt dazu ein Lippstädter Pastor. Und auch die Geschäftsführung des Evangelischen Krankenhauses betont: Ohne dieses Eingeständnis hätte es keine Fusion gegeben.

Unsere Quellen:

  • Geschäftsführung Klinikum Lippstadt
  • Offener Brief von sechzig Ärztinnen und Ärzten
  • WDR Regionalkorrespondent im Kreis Soest

Über dieses Thema berichten wir am 03.03.2025 auch im Fernsehen in der Lokalzeit Südwestfalen.