Als Lea* die Zusage für ihren Studienplatz bekam, waren es nur noch zwei Wochen bis Semesterbeginn, und der Druck, ein Zimmer zu finden, groß. Deshalb war sie froh, als sie das Zimmer in der zentral gelegenen 7er-WG fand.
Auch wenn 675 Euro Warmmiete deutlich mehr waren, als sie eigentlich hatte ausgeben wollen. Im Mittel liegen die WG-Zimmer-Kosten Deutschlandweit bei 493 Euro, wobei es große regionale Unterschiede gibt.
Hohe Mietkosten sind in NRW kein Einzelfall
Ein Problem, mit dem sich viele Studierende konfrontiert sehen. Das Moses-Mendelssohn Institut (MMI) hat in Kooperation mit der Vermittlungsplattform wg-gesucht.de 8.800 Angebote auf der Plattform ausgewertet. Das Ergebnis: In NRWs Landeshauptstadt kostet eine WG-Unterkunft im Mittel kurz vor dem Sommersemester 590 Euro, in Köln 583 Euro.
Die Bafög-Wohnpauschale von aktuell 380 Euro reicht für ein gewöhnliches Zimmer nur in 23 von 88 Städten aus. Die Wohnkosten stiegen durchschnittlich um etwa vier Euro gegenüber dem vorherigen Wintersemester und um rund 14 Euro gegenüber dem vorherigen Sommersemester an.
Viel Geld für wenig Komfort
Dabei hatte die Wohnung, die Lea angeboten wurde, deutliche Mängel. Eine Silberfisch-Plage zum Beispiel. Und eine Toilette, die nur ein abgetrennter Teil der fensterlosen Küche war. Ohne Lüftung, die Türe nur mit einem Haken verschließbar. "Das heißt, es gab immer eine gewisse Geruchs- und Geräuschkulisse.“
Wer vorab zahlt, hat bessere Chancen
Einfach wieder ausziehen? Schwierig. Ihr Vermieter, der mehrere Häuser in Bonn besitzt, schließt für die WG-Zimmer grundsätzlich Jahresverträge ab. Und nimmt bevorzugt Erstsemester-Studentinnen, die - gegen einen kleinen Nachlass - eine halbe oder ganze Jahresmiete im Voraus zahlen. Dadurch sind auf einen Schlag mehrere tausend Euro fällig.
Der Bonner Mieterbund warnt vor solchen Geschäften. "Mietzahlung ist auch ein Druckmittel, um Mängel beheben zu lassen", erklärt Peter Kox. "Wer bereits im Voraus zahlt, hat keinerlei Handhabe mehr."
Das vergeblich Warten auf die Kaution
Dann der Auszug - und die nächste unangenehme Erfahrung: Lea wartet vergeblich auf die Rückzahlung ihrer Kaution. Sie ist nicht die einzige: 25 Klagen wurden in den letzten vier Jahren beim Bonner Amtsgericht gegen den Vermieter eingereicht. Immer wegen nicht zurückgezahlter Kautionen.
Verdacht auf Betrug?
Bei der Staatsanwaltschaft liegen inzwischen sogar zwei Strafanzeigen vor. Eine hat Christoph Dänzer-Vanotti eingereicht, Rechtsanwalt und Vater einer der ehemaligen Mieterinnen: "Wenn nur jede Dritte nicht klagt, hat er schon ein Geschäft gemacht. Und leider gibt es viele, die eine hohe Hemmschwelle haben, ans Gericht zu gehen.“
Vermieter wehrt sich gegen Kritik
Der Vermieter möchte namentlich nicht genannt werden, weist die Vorwürfe aber zurück: "Ich biete den Menschen das an, was sie am dringendsten benötigen: Wohnraum. (…) Auf die von mir verwalteten Zimmer melden sich in nur wenigen Tagen bis zu 150 Bewerberinnen. (…) Das spricht wohl deutlich für ein marktkonformes Angebot.“
Lea hat ihre Kaution - 1,5 Jahre nach ihrem Auszug - noch nicht zurückbekommen. Sie sucht sich gerade einen Anwalt. In ihre damalige WG sind längst wieder neue Studentinnen eingezogen, die dringend ein Zimmer suchten.
*Name von der Redaktion geändert
Unsere Quellen:
- Gespräche und Interviews mit elf ehemaligen Mieterinnen
- Amtsgericht Bonn
- Staatsanwaltschaft Bonn
- Mieterverein Bonn
- Vermieter (will namentlich nicht genannt werden)
- dpa