Chiara Reher ist im zweiten Lehrjahr zur Zimmerin. Die 18-Jährige arbeitet in der Zimmerei Dachdeckerei Himmelreich in Lienen. Auf der Baustelle werden gerade die letzten Dachbalken montiert.
Man könnte sich ausprobieren
"Bei meiner Familie ist das Handwerk Tradition. Mein Opa war Tischler, mein Bruder ist Zimmermann wie mein Onkel und ich schaffe das auch," erzählt sie. Für junge Menschen, die ihr Ziel noch nicht so klar vor Augen haben, wäre ein freiwilliges Handwerksjahr prima, vor allem, um sich auszuprobieren.
Auch ihr Chef Stefan Himmelreich würde ein solches freiwilliges Handwerksjahr begrüßen: "Ich denke, da würden viele junge Menschen sich mal trauen, das auszuprobieren, vor allem, weil sie sich nicht sofort mit einem Ausbildungsvertrag drei Jahre binden müssten."
Werbung fürs Handwerk
Außerdem findet Stefan Himmelreich, wäre so ein freiwilliges Handwerksjahr eine gute Werbung fürs Handwerk. Denn Auszubildende zu finden, bleibt schwierig. Auf Berufswahlmessen, Social Media und in Schulen sei man präsent. Aber der Aufwand stehe oft in keinem Verhältnis zur Ausbeute.
Handwerk ist systemrelevant
Deshalb macht sich nun auch die Kreishandwerkerschaft Steinfurt Warendorf für ein freiwilliges Handwerksjahr stark: "Es hätte einen sehr hohen gesellschaftlichen Nutzen und trägt zur Förderung der Wertschätzung handwerklicher Berufe in der Gesellschaft bei", sagt Hauptgeschäftsführer Frank Tischner. Das Handwerk sei systemrelevant.
Positive Erfahrungen in Schleswig-Holstein
In Schleswig-Holstein gibt es bereits ein Pilotprojekt. Dort haben im ersten Jahr 80 Jugendliche mitgemacht. Die Freiwilligen lernen vier Ausbildungsberufe kennen und bekommen dafür monatlich 450 Euro von den Betrieben. 85 Prozent haben dann eine Ausbildung im Handwerk begonnen.
Ein Job für Köper und Kopf
So jemand wie Chiara ist für die Firma Himmelreich ein Glücksfall. Denn Chiara liebt ihren Job: "Du hast was körperlich zu tun, du musst viel nachdenken, es ist nicht langweilig wie im Büro. Und manchmal läuft auch was schief, dann muss man improvisieren, um trotzdem ein gutes Ergebnis zu haben."
Die Auszubildende findet, dass die Gesellschaft ihre Arbeit mehr wertschätzen sollte: "Das Handwerk ist sehr wichtig, viele gehen in Rente, immer weniger junge Leute wollen einen Handwerksberuf erlernen und deshalb haben wir ein Problem."
Wenn keiner mehr bereit ist, Dächer zu bauen, dann stehen wir da. Chiara Reher, Auszubildende Zimmerin aus Kattenvenne
Chiara hat noch große Pläne, Abi machen und vielleicht sogar ein Architekturstudium. Die Ausbildung sei auf jeden Fall eine gute Basis, sagt sie.
Handwerker fordern Freiwilliges Handwerksjahr. WDR Studios NRW. 04.03.2025. 00:46 Min.. Verfügbar bis 04.03.2027. WDR Online.
Quellen:
- Kreishandwerkerschaft Steinfurt Warendorf
- WDR-Reporterin vor Ort
- Dachdeckerei Zimmerei Tischlerei Himmelreich in Lienen
Über das Thema berichten wir am 04.03.2025 auch im WDR Fernsehen: Lokalzeit Münsterland, 19.30 Uhr.