Irgendwann will sie mit ihren Töchtern noch einmal einen Halb-Marathon laufen, 3:33 Stunden ist das Ziel von Beate Löbach-Neff. Keine Spitzenzeit, aber darum geht es nicht. Denn noch im Sommer hat sie sich an jeden Treppenabsatz in ihrem Haus ein Höckerchen gestellt, zum Ausruhen und Atem schöpfen. War sie oben angekommen, fehlte ihr die Luft zum Sprechen.
Die Bäuerin und Ernährungsberaterin hatte Covid-19. Anfang März feiert sie topfit mit vielen Herzensmenschen ihren Geburtstag. Eine Woche später wird sie positiv getestet. Noch schlimmer: Auch ihre Geburtstagsgäste sind fast alle infiziert.
Freunde und Familie angesteckt
Drei Wochen lang ist Beate Löbach-Neff krank, kann nur einzelne Worte sprechen und schläft zwanzig Stunden am Tag. Eine Nacht lang sitzt ihre Tochter an ihrem Bett und erinnert sie immer wieder: "einatmen - ausatmen."
Ihr Mann hat zum Glück kaum Symptome und kann die Familie versorgen. Eine Tochter wird negativ getestet, während Schwester und Bruder auch erkranken.
Nach drei Wochen das Schlimmste überstanden
Die Mutter ist als erste in der Familie krank und als letzte gesund. Nach drei Wochen ist das Schlimmste überstanden, aber bei der morgendlichen Runde mit dem Hund kommt sie nur runter ins Tal, für den Weg zurück muss ihr Mann sie mit dem Wagen abholen.
Laut Professor Michael Hallek, Direktor der Klinik I Innere Medizin an der Uni-Klinik Köln, kein Einzelfall: Zehn bis 20 Prozent der Covid-Patienten merken die Folgen noch monatelang, so seine Schätzung. "Das ist noch nicht so sehr im Bewusstsein sowohl der Bevölkerung als auch der Ärzte, dass mit Covid-19 tatsächlich Langzeitkomplikationen verbunden sein können, die ernste Krankheiten für sich darstellen." Durch die Art, wie das Virus in den Körper gehe, befalle es bestimmte Organe, die es bei einer "normalen" Grippe in dieser Häufigkeit gar nicht gibt. Die Folge seien häufig schwere Gefäßentzündungen oder schwere neurologische Störungen.
Fatigue Syndrom in Folge von Covid-19 Erkrankung
Long-Covid nennen die Ärzte diese Beschwerden. Sie treffen oft die, die nicht so schwer krank waren. Die Folgen können alles Mögliche sein, sagt Hallek: Husten, Kurzatmigkeit, Brustdruck, Durchfall, Herzrasen, Hautauschläge, Durchfall und eine permanente Müdigkeit.
Fatigue Syndrom, Erschöpfungssyndrom heißt diese Krankheit in der Fachsprache. Sie kann nach verschiedenen Virusinfektionen auftreten und ist noch nicht ausreichend erforscht. Doch seit Corona, sagt die Leiterin des Berliner Charité Fatigue Centrums, Carmen Scheibenbogen, kommen immer öfter Patienten in die Sprechstunde der Charité mit dem Fatigue Syndrom als Coronafolge.
Notfalls zur Spezialambulanz
Der Aktuellen Stunde sagte sie: "Wir haben immer mehr Patienten gesehen - auch jüngere Patienten, die anfangs gar nicht so eine schwere Infektion haben - mit anhaltenden Symptomen. Viele von denen sind richtig krank und können nicht mehr arbeiten." Ihre Empfehlung: Wer sich nach vier Wochen nicht genesen fühlt, sollte nochmal zum Hausarzt gehen. Wenn die Symptome länger als drei Monate andauern, sollte man eine Spezialambulanz aufsuchen.
Die Charité ist eine der ganz wenigen Anlaufstellen in Deutschland. 250.000 Menschen sind betroffen. Durch Corona könnten es noch viel mehr werden, so Scheibenbogen.