Es ist halb neun am Morgen in Köln. Das Thermometer zeigt drei Grad, Nieselregen – ein typischer Wintermorgen. Da spielen sich vor der Universitätsbibliothek ungewöhnliche Szenen ab: Eine lange Schlange von Studierenden wartet geduldig darauf, dass sich die Türen endlich öffnen. Es ist Prüfungsphase und damit beginnt der jährliche Wettlauf um die begehrten Lernplätze in der Bibliothek.
Der Kampf um Plätze mit Steckdosen
Der Grund für das lange Warten: Von den 800 Arbeitsplätzen in der Bibliothek sind nur etwa die Hälfte mit Steckdosen ausgestattet. Fast alle Studierende bringen aber einen Laptop oder Tablet mit.
"Wenn ich plane, den ganzen Tag hier zu lernen und keinen Steckdosenplatz kriege, macht das wenig Sinn", sagt Zoey, die heute morgen deshalb in der Kälte wartet. Und ohnehin seien schon kurz nach Öffnung die meisten Arbeitsplätze besetzt, fügt Jan hinzu. Auch er ist extra früh aufgestanden. Viele hier fragen sich, warum nicht alle Plätze gleich sind.
Wollte man jeden Platz modernisieren, müsse das gesamte Gebäude kernsarniert werden, ordnet Maria Schrempp, Sprecherin der Universitätsbibliothek, ein.
Ein Bereich der Bibliothek wurde bereits modernisiert. Hier gibt es Steckdosen, Leselampen und eine Klimaanlage. Das sind die heiß begehrten Plätze. Beim Rest sieht es eher spartanisch aus: Tisch und Stuhl.
Digitale Lösungen gegen Warteschlangen
Um die morgendlichen Warteschlangen vor der Bibliothek zu reduzieren, plant die Uni jetzt ein digitales Buchungssystem. Studierende sollen künftig ihre Sitzplätze online reservieren können. Am Eingang ist dann ein Check-in erforderlich - erscheint jemand nicht, wird der Platz wieder freigegeben. Auch spontane Buchungen sollen vor Ort möglich sein.
Doch wie kommt die Idee bei den Studierenden an? In der Warteschlange vor der Unibib ist man sich an diesem Morgen einig: Das Buchungssystem verhindere vielleicht das Warten, aber nicht den generellen Platz- und Steckdosenmangel. Dass es jetzt in der Prüfungsphase zu vollen Lesesälen kommt, sei normal, sagt Maria Schrempp von der Unibibliothek. Aber: Sitzplätze gebe es eigentlich immer irgendwo. Zudem hätten Studierende auch die Möglichkeit, auf Bibliotheken an den Instituten auszuweichen.
Lernen zwischen Stress und Notwendigkeit
Für viele Studierende ist die Universitätsbibliothek dennoch der bevorzugte Lernort. Zuhause fehlt oft die Ruhe, der Platz oder die nötige Motivation. "In der Bib kann ich mich besser konzentrieren. Wenn ich sehe, wie die anderen lernen, kann ich auch meinen inneren Schweinehund überwinden", erzählt Vincent.
Er hofft wie viele andere, dass die Uni langfristig nicht nur die Organisation, sondern auch die Ausstattung verbessert. Wenn ab dem Sommersemester das Buchungssystem freigeschaltet ist, wird es zumindest keine Warteschlangen geben. Obwohl es dann wenigstens wärmer wäre.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporter vor Ort
- Gespräch mit Studierenden
- Gespräch mit Unibibliothek-Sprecherin Maria Schrempp
Über das Thema berichtet die Lokalzeit aus Köln am 05.02.2025 um 19.30 Uhr auch im WDR-Fernsehen.