Sicherheitskontrollen am Eingang, Einsatzfahrzeuge vor der Kathedrale: Kurz vor Weihnachten hat die Polizei die Sicherheitsvorkehrungen am Kölner Dom massiv erhöht. Das Kölner Wahrzeichen bleibt für Touristen weiterhin erst mal geschlossen. Für wie lange, ist noch nicht bekannt. Die Behörden hatten zuvor Hinweise auf einen möglichen Anschlagsplan einer islamistischen Gruppe auf den Dom und eine Kirche in Wien erhalten.
Was genau war geplant? Wer steckt hinter den Plänen? Und wie geht es weiter? Viele Fragen zu den möglichen Anschlagsplänen auf den Kölner Dom sind noch offen.
Karnevalsgottesdienst im Dom stark besucht
Karnevalisten in Köln konnten sich am Mittwochabend wie geplant ihren Segen im Kölner Dom abholen. Die Kathedrale war bis auf den letzten Platz besetzt. Viele Menschen sagten, es sei gerade in diesen Zeiten ganz wichtig, dass besonders viele in den Dom kommen, da man sich nicht einschüchtern lassen wolle.
Trotz der Terrorwarnung hat der traditionelle ökumenische Gottesdienst stattgefunden - unter bestimmten Bedingungen.
Es ist der Versuch von Normalität nach der Warnung vor einem Anschlag. Dennoch gab es erhöhte Sicherheitsvorkehrungen: größere Taschen und waffenähnliche Gegenstände wie Plastik-Säbel oder Gummi-Pistolen waren nicht gestattet.
Wie ist der Stand der Ermittlungen?
Aus ermittlungstaktischen Gründen geben die Behörden keine detaillierten Informationen zu dem Fall preis. Nur soviel: Nach Angaben der Polizei sollte der Anschlag in Köln offenbar mit einem Auto ausgeführt werden sollen - "auf welche Weise, ist uns nicht bekannt", sagte Frank Wißbaum von der Kölner Polizei. Die Ermittler vermuten außerdem, dass der Silvesterabend für den Anschlag vorgesehen war.
Klar ist, dass die Polizei am Heiligabend eine Polizeidurchsuchung in einer Wohnung in Wesel durchgeführt hat. Dabei wurden fünf Männer in Gewahrsam genommen. Vier der Männer wurden schnell wieder freigelassen, einer bleibt noch bis auf Weiteres zur Gefahrenabwehr in Gewahrsam. Bei dem Verdächtigen handelt es sich nach Angaben der Polizei um einen 30-jährigen Tadschiken, zu dem "staatsschutzrelevante Erkenntnisse" vorliegen.
Er steht im Verdacht, den Dom ausgespäht zu haben. "Man weiß, dass er vor Ort war", zitiert die dpa aus Sicherheitskreisen. Zuvor hatte der "Kölner Stadt-Anzeiger" darüber berichtet. Für die Sicherheitsbehörden in NRW sei der 30-Jährige ein unbeschriebenes Blatt gewesen. "Er war uns nicht bekannt", heißt es. Dass der Verdächtige auch Kontaktmann zu einer im Juli festgenommenen mutmaßlichen Terrorzelle des IS gewesen sein soll, wie die Kölner Zeitung berichtet, bestätigten die Sicherheitskreise der dpa zunächst nicht.
Auch mehr als eine Woche nach der Festnahme ist immer noch unklar, wie schwer die Beweise gegen den 30-Jährigen wiegen. "Der Verdächtige wird aktuell auf der Basis des Polizeigesetzes von Nordrhein-Westfalen präventiv, also vorbeugend, festgehalten", erklärt ARD-Terrorismus-Experte Holger Schmidt. Das sei eine andere Rechtsgrundlage, als bei einer Untersuchungshaft, bei der es einen dringenden Tatverdacht und einen Haftgrund geben müsse. "Die Voraussetzungen für eine präventive Gewahrsam sind also in gewisser Weise geringer, deshalb gibt es im Polizeigesetz auch eine klare zeitliche Begrenzung."
An Silvester hatte die Polizei Köln drei weitere Männer festgesetzt, zudem wurde in Bochum ein 41-jähriger Deutsch-Türke in Gewahrsam genommen. Auch sie sollen in einer Beziehung zu dem einsitzenden Tadschiken stehen. Nur einer dieser vier Männer, die in Gewahrsam genommen wurden, wird immer noch von den Behörden festgehalten. Für den 25-Jährigen aus Tadschikistan hat ein Richter 14 Tage Sicherungsgewahrsam angeordnet. Doch auch gegen die drei auf richterlichen Beschluss entlassenen Männer laufen die Ermittlungen wegen Planung eines Anschlags weiter.
Was ist in Österreich passiert?
Der österreichische Verfassungsschutz hat nach Angaben des dortigen Innenministeriums bei Ermittlungen gegen ein islamistisches Netzwerk vier Menschen festgenommen. Eine Kirche in Wien soll auch ein mögliches Anschlagsziel gewesen sein. Inwieweit die beiden Fälle zusammenhängen, ist noch nicht geklärt.
Die österreichische Nachrichtenagentur APA berichtet, dass in diesem Zusammenhang für zwei Männer und eine Frau eine Untersuchungshaft angeordnet wurde. Gegen die vierte Person werde nicht wegen Terrorverdachts ermittelt, sie sei rein zufällig während der Festnahme der drei Verdächtigen anwesend gewesen und wegen des Verstoßes gegen fremdenrechtliche Bestimmungen gesucht und deshalb festgenommen worden.
Wie ist die Situation im Dom?
Bereits am Abend vor Weihnachten haben Polizisten den Kölner Dom durchsucht. Nach der Abendmesse gingen Beamte mit Spürhunden durch den Dom. Es wurde aber kein Sprengstoff entdeckt, hieß es aus Sicherheitskreisen. Anschließend wurde der Dom wieder geöffnet - allerdings nur für Besucher der Gottesdienste und der Beichte. Touristen, die die Kathedrale auf eigene Faust besichtigen wollen, haben vorerst keinen Zutritt. Auch Dachführungen, Führungen durch die Ausgrabungen sowie Besuche der Schatzkammer und der Aussichtsplattform sind aktuell nicht möglich
Gläubige, die eine Messe besuchen wollen, müssen sich auch nach Neujahr gründlichen Kontrollen von Kleidung und Gepäck unterziehen, bevor sie den Dom betreten dürfen. Wie lange die Sicherheitsvorkehrungen noch aufrecht erhalten werden, ist unklar. Die Polizeispitze trifft sich jeden Tag zu einer neuen Lagebewertung.
Wer steckt hinter den Plänen?
Nach Informationen des ARD-Terrorismus-Experten Michael Götschenberg steht die Gruppe, die offenbar hinter den Anschlagsplänen steckt, wohl in Bezug zu einem Ableger des Terrornetzwerks Islamischer Staat (IS), der sich Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK) nennt und in Afghanistan schon seit einigen Jahren einen bewaffneten Konflikt mit den militant-islamistischen Taliban austrägt. Offiziell bestätigt wurde das aber bisher noch nicht.
Es wäre nicht das erste Mal, dass diese Gruppe in NRW auffällt: Bereits im Juli gab es Razzien gegen Terrorverdächtige, die mit Mitgliedern des Islamischen Staats Provinz Khorasan in Kontakt gestanden haben sollen. Und im November wurden zwei Jugendliche festgenommen, die einen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Leverkusen geplant haben sollen. Die beiden hatten offenbar geplant, nach dem Anschlag gemeinsam nach Afghanistan auszureisen und sich dort dem ISPK anzuschließen.
Der ISPK arbeite mit Hochdruck daran größere Attentate im Westen durchführen zu können, warnen deutsche Verfassungsschützer. "Das Erstarken dieser Gruppe in Afghanistan verstärkt die Gefährdungslage in Deutschland", so Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, im Frühjahr.
Laut ARD-Terrorismusexperte Holger Schmidt ist der IS-Ableger ISPK seit Monaten unter besonderer Beobachtung. Die Gruppe versuche offenbar, die ideologische Vorherrschaft unter den verschiedenen Strömungen der Terrorbewegung "Islamischer Staat" zu erringen. In der ISPK seien dabei nicht nur Tadschiken aktiv, sondern zum Beispiel auch Personen aus Afghanistan, Usbekistan und anderen zentralasiatischen Staaten. Vor allem die Polizei in NRW blicke aktuell mit besonderer Aufmerksamkeit auf mögliche Zellen der ISPK - die Gruppe sei in Nordrhein-Westfalen offenbar aktiver als in anderen Bundesländern. Und: "Der ISPK werden von deutschen Sicherheitsbehörden aktuell am ehesten Anschläge in Deutschland zugetraut."
Unsere Quellen:
- Pressemitteilung und Statements der Kölner Polizei
- ARD-Terrorismusexperten Schmidt und Götschenberg
- Nachrichtenagenturen dpa, epd und AFP