Prozessbeginn gegen 16-jährigen Wuppertaler wegen Terrorverdachts

Stand: 17.03.2025, 15:29 Uhr

Vor dem Wuppertaler Landgericht muss sich von heute an ein 16 Jahre alter Jugendlicher wegen Terrorverdachts verantworten.

Von Antonia Rüller

Der Angeklagte soll Anschläge auf jüdische Einrichtungen geplant haben und sitzt seit Ende September in Untersuchungshaft. Erste Hinweise auf den damals 15-Jährigen waren bei den Sicherheitsbehörden direkt nach dem Messeranschlag mit drei Toten in Solingen Ende August eingegangen.

Ein direkter Zusammenhang mit der Tat konnte jedoch nicht festgestellt werden, betont die Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf. Dennoch wurde der Jugendliche damals bis zum Ende der Solinger Gedenkfeier vorläufig in Gewahrsam genommen. Ein dringender Tatverdacht ergab sich erst drei Wochen später, nachdem die Ermittler sein Handy und seine Chatverläufe ausgewertet hatten. Die Anklage lautet "Verabredung zu einem Mord".

Pressesprecherin des Landgerichts Wuppertal Helena Salamon-Limberg | Bildquelle: WDR

"Das Verfahren findet als nicht öffentliche Verhandlung statt, weil der Angeklagte zu dem Zeitraum, für den die Taten vorgeworfen werden, noch minderjährig war. Dem Angeklagten droht im Falle einer Verurteilung eine Jugendstrafe von bis zu zehn Jahren", so Helena Salamon-Limberg, die Pressesprecherin des Landgerichts Wuppertal.

Islamistische Radikalisierung durch soziale Medien

Die Radikalisierung junger Menschen durch soziale Netzwerke wie TikTok, Instagram und YouTube ist für die Ermittlungsbehörden kein neues Phänomen. Islamistische Influencer locken Jugendliche mit einer vermeintlich rebellischen "Gegenkultur" an, die sich durch Gangster-Rap-Elemente und Kampfsportverweise ausdrückt. In ihren Videos propagieren sie extreme Ideologien und bieten einfache Lösungen für komplexe gesellschaftliche Probleme. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) warnte bereits im Mai 2024 bei der Präsentation des "Lagebilds Islamismus", dass sich zunehmend auch Einzelpersonen "im stillen Kämmerlein" radikalisieren und der Verfassungsschutz oft "im Dunkeln" tappe.

Yalcin Geyhan, der Verteidiger des Angeklagten | Bildquelle: WDR

Auch der Verteidiger des Angeklagten Yalcin Geyhan sieht eine große Gefahr in den sozialen Netzwerken: "Die Frage ist doch: Wie einfach wird es Kindern und Jugendlichen gemacht, von diesen Rattenfängern, diesen Extremisten, gecatcht zu werden. Sie schauen ein paar Videos - der Algorithmus sorgt dafür, dass wirklich alles ungefiltert durch die Blase vor ihrer Nase erscheinen kann. Und im Gegensatz zu Erwachsenen, deren Charakter komplett ausgebildet ist, haben diese Extremisten leichte Hand".

Zunehmende Anschlagspläne durch Minderjährige

Die Ermittlungsbehörden verzeichnen immer häufiger Anschlagspläne durch minderjährige Verdächtige. Im Juni 2024 verurteilte das Landgericht Köln einen 15-Jährigen aus Burscheid zu vier Jahren Jugendhaft. Er hatte mit einem 17-jährigen Komplizen aus Brandenburg einen LKW-Anschlag auf den Weihnachtsmarkt von Leverkusen-Opladen geplant. Ihr Ziel war es, möglichst viele Besucher zu töten, die sie als "Ungläubige" betrachteten. Das Landgericht Neuruppin verurteilte den älteren Komplizen ebenfalls zu vier Jahren Haft.

In einem weiteren Prozess vor dem Landgericht Düsseldorf müssen sich seit Mitte Dezember 2024 zwei Mädchen und ein Junge im Alter von 15 bis 17 Jahren wegen mutmaßlich geplanter Anschläge auf Kirchen verantworten. Sie sollen sich über Chats verabredet haben, während des Fastenmonats Ramadan christliche Gottesdienste mit Schusswaffen und Messern zu stürmen und anschließend die Kirchen in Brand zu setzen. Ein Urteil in diesem Verfahren wird noch in dieser Woche erwartet. Ihr mutmaßlicher Komplize, ein 16-Jähriger aus Baden-Württemberg, wurde bereits Ende Februar zu zwei Jahren Jugendhaft auf Bewährung verurteilt.

Forderungen nach verstärkter Überwachung sozialer Medien

Sicherheitsbehörden und Experten fordern verstärkte Maßnahmen gegen die islamistische Radikalisierung junger Menschen im Internet. Insbesondere soziale Medien sollen stärker überwacht und extremistische Inhalte konsequenter gelöscht werden.

Anschlagsziele und Radikalisierungsgrad

Was der Jugendliche konkret geplant hatte, ob es konkrete Anschlagsziele gab und wie weit seine Planungen bereits fortgeschritten waren, ist unbekannt. Aufgrund seines Alters nennen weder die Generalstaatsanwaltschaft noch das Landgericht weitere Details. Der Prozess findet auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Inwieweit sich der Jugendliche bereits radikalisiert hatte, will das Gericht dem Vernehmen nach nicht nur aus Chatverläufen erfahren, sondern auch durch die Befragung von Freunden und Familienmitgliedern des 16-Jährigen. Ein Urteil wird Mitte April erwartet.

Unsere Quellen:

  • Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf
  • Nachrichtenmagazin "Der Spiegel"
  • Nachrichtenagentur dpa

Über dieses Thema berichten wir am 17.03.2025 auch im WDR-Fernsehen: Lokalzeit Bergisches Land, 19.30 Uhr.