Wie umgehen mit gefährlichen psychisch Kranken?
Stand: 05.02.2025, 15:07 Uhr
In St. Augustin hat ein psychisch auffälliger Geflüchteter eine Frau angegriffen. Wie kann man mit gefährlichen Kranken umgehen?
Von Thomas Drescher
Einem Menschen die Freiheit zu nehmen, ihn gegen seinen Willen wegzusperren, ist ein äußerst gravierender rechtlicher Eingriff. "Freiheitsentziehende Unterbringung" heißt das im Juristendeutsch.
Es geht für den Betroffenen um seine Menschenwürde und die freie Entfaltung der Persönlichkeit, die im Grundgesetz in den Artikeln 1 und 2 als sehr hohe Werte verankert sind. Deshalb ist rechtlich sehr klar geregelt, unter welchen Voraussetzungen dieser Eingriff überhaupt zulässig ist. Die rechtlichen Hürden sind sehr hoch.
Die Unterbringung von akut psychisch Kranken ist im sogenannten PsychKG geregelt, dem Psychisch-Kranken-Gesetz. Das ist ein Landesgesetz, im Großen und Ganzen ähneln sich die Bestimmungen in den Bundesländern aber sehr. Wichtig ist: Die Unterbringung ist keine Strafe.
Was sind Gründe für eine Zwangseinweisung?
Es gibt zwei entscheidende Kriterien: Der Betreffende muss entweder eine Gefahr für sich selbst oder eine Gefahr für andere darstellen. Die Selbst- oder Fremdgefährdung muss erheblich sein und akut.
- Selbstgefährdung: Eine Gefahr für sich selbst ist jemand, der zum Beispiel einen Suizid ankündigt oder der bereits einen Suizidversuch unternommen hat. Auch selbstschädigendes Verhalten, Selbstverletzungen oder sogenanntes Hochrisikoverhalten sind Kriterien - egal ob bewusst herbeigeführt oder in Kauf genommen.
- Fremdgefährdung: Wenn ein psychisch Kranker damit droht, andere zu verletzten oder gar zu töten oder wenn er andere bereits verletzt hat, ist das ein handfester Grund für die Unterbringung in der geschlossenen Abteilung einer psychiatrischen Klinik.
Wer darf eine Zwangseinweisung veranlassen?
In einer akuten Situation müssen die behandelnden Ärzte eine Zwangsunterbringung beim örtlichen Ordnungsamt beantragen. Spätestens nach 48 Stunden muss ein Richter die Unterbringung anordnen. Der richterliche Beschluss gilt zunächst für maximal sechs Wochen, kann aber verlängert werden.
Wie lange darf jemand gegen seinen Willen festgehalten werden?
In dieser Zeit läuft in der Klinik die Behandlung. Leidet ein Mensch etwa unter Wahnvorstellungen infolge einer Psychose, wird mit Medikamenten versucht, dies zu lindern. Gleichzeitig müssen die Behandler in ständigen Gesprächen mit dem Erkrankten einschätzen, ob Selbst- oder Fremdgefährdung weiter bestehen. Nur dann darf man ihn weiter festhalten. Spricht eine Person kein Deutsch, muss unter Umständen ein Dolmetscher engagiert werden.
Durch Einnahme entsprechender Medikamente kann eine psychotische Episode bereits nach Tagen oder wenigen Wochen vorüber sein. Die Frage ist dann, wie sich die Verfassung des Patienten in der Zukunft entwickelt. Die Ärztinnen und Ärzte tragen dabei eine große Verantwortung, denn von ihrem Urteil hängt es ab, ob eine Verlängerung der richterlichen Anordnung beantragt wird.
Gibt es auch eine unbefristete Unterbringung psychisch Kranker?
Es gibt auch die Möglichkeit der dauerhaften Unterbringung psychisch Kranker nach dem sogenannten Betreuungsrecht. Das bedeutet, das jemand, wie man es im Volksmund nennt, entmündigt worden ist und einen rechtlichen Betreuer hat.
Schließlich besteht die Möglichkeit, verurteilte Straftäter im Maßregelvollzug in einer forensischen Psychiatrie unterzubringen, wenn sie aufgrund einer schweren psychischen Erkrankung eine Straftat begangen haben und das Gericht sie für vermindert schuldfähig oder schuldunfähig hält. Die Dauer des Maßregelvollzugs hängt nicht von einer verhängten Strafe ab, sondern davon, ob die Ärzte den Patienten weiterhin als Gefahr für die Allgemeinheit ansehen. Dies wird jährlich von einem Gericht überprüft.
Was wird zur Vorbeugung getan?
Die Polizei In Nordrhein-Westfalen versucht die Polizei mit ihrem Programm PeRiskoP, "Personen mit Risikopotenzial" frühzeitig zu erkennen und auf diese Weise Amoktaten oder andere schwere Verbrechen durch psychisch Kranke zu verhindern. Die Beamten arbeiten zu diesem Zweck eng mit Gesundheitsämtern und Kliniken zusammen. Ermittler fordern mehr Kompetenzen, etwa den unbeschränkten Zugriff auf Krankenakten.
Unsere Quellen:
- Eigene Recherchen
- Gesetzestext