Grafik, die zeigt, auf welche Datenbanken Palantir-Software zugreifen kann

Widerstand gegen US-Polizeisoftware Palantir

Stand: 17.04.2025, 17:02 Uhr

Die Kritik an der Polizei-Analysesoftware des US-Konzerns Palantir wächst. Auch in NRW, wo die Software bereits im Einsatz ist.

Von Rainer StriewskiRainer Striewski

Der Name klingt düster, die Webseite ist es auch: "Palantir Gotham" heißt die Software, die hierzulande gerade für reichlich Diskussionen sorgt. Die Analysesoftware des US-Unternehmens Palantir ist darauf programmiert, Daten zu einzelnen Personen aus diversen Quellen zusammenzufügen - etwa aus Polizeiregistern, aus Datenbanken des Einwohnermeldeamtes, dem Ausländerzentralregister oder aus Social-Media-Kanälen.

Für Ermittlungsbehörden ist die Software damit ein ideales Analysewerkzeug - auch in NRW. Seit 2022 ist sie hier unter dem Namen "datenbankübergreifende Recherche und Analyse" (DAR) im Einsatz. "Die Software fügt in Minuten zusammen, wofür Ermittler sonst Wochen bräuchten - ein digitales Puzzle aus Waffenregister, Einwohnermeldedaten und polizeiinternen Systemen. Damit ist die Software Zeitgewinn und eine Arbeitserleichterung", betont NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU).

Polizeigesetz musste geändert werden

Datenschützer sehen die Software hingegen kritisch, unter anderem da sie Informationen aus verschiedenen Datenbanken verknüpfen kann. Weil auch die NRW-Datenschutzbeauftragte während des Testbetriebs rechtliche Bedenken anmeldete, musste die Landesregierung erst das Polizeigesetz ändern, um den aktuellen Regelbetrieb zu ermöglichen. Doch auch gegen das jetzige Gesetz läuft derzeit eine Verfassungebeschwerde beim Bundesverfassungsgericht.

Verfassungsbeschwerden gegen Einsatz in NRW und Hessen

Neben NRW wird die Software derzeit noch in Bayern (unter dem Namen "VeRA - Verfahrensübergreifende Recherche und Analyseeingesetzt") und Hessen ("Hessendata") eingesetzt. Doch auch gegen den Einsatz in Hessen läuft derzeit eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht, hier sogar bereits zum zweiten Mal. Der ersten Beschwerde war stattgegeben worden, 2023 musste das hessische Gesetz zum Palantir-Einsatz schon einmal angepasst werden.

Eigentlich sollte die Software auch in weiteren Bundesländern zum Einsatz kommen. Gerade erst hat der Bundesrat den Einsatz einer gemeinsamen Datenanalyseplattform für die Polizei gefordert. Und auch im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD ist festgelegt, dass Sicherheitsbehörden eine "automatisierte Datenrecherche und -analyse" vornehmen können sollen.

Debatte um Palantir in NRW

WDR 5 Westblick - aktuell 17.04.2025 06:01 Min. Verfügbar bis 17.04.2026 WDR 5


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Kritik am US-Unternehmen "Palantir"

Doch die Kritik am Einsatz der Software ist groß. Und sie betrifft nicht nur die Arbeitsweise, sondern auch den Hersteller. Mitgründer, Großaktionär und Verwaltungsratsvorsitzender von Palantir ist Peter Thiel, ein langjähriger Unterstützer und finanzieller Förderer von US-Präsident Donald Trump sowie seinem Vize J.D. Vance. Die Firma ist eng verflochten mit US-Geheimdiensten. 

Grüne für unabhängige Lösung

"In Zeiten, in denen die USA kein verlässlicher Partner mehr sind, sollten wir uns auch in NRW gut überlegen, ob wir solch sensible sicherheitsrelevante Daten in ein System wie Palantir einpflegen, das Trumps best Buddy gehört", erklärte Julia Höller, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion.

Julia Höller, innenpolitische Sprecherin der Grüneen Landtagsfraktion, NRW

Julia Höller: Sollten uns das in NRW gut überlegen

Klar sei aber: "Die Polizei braucht datenübergreifende Recherchetools, um auf der Höhe der Zeit arbeiten zu können", betonte Höller weiter. Man müsse sich aber bei der Nutzung digitaler Infrastrukturen von US-Technologiekonzernen unabhängiger machen und Lösungen auf deutscher und europäischer Ebene vorantreiben.

Polizei-Gewerkschaft: "Keine Spitzelsoftware"

Polizisten in NRW hingegen wollen an Palantir festhalten. "Weltweit reicht nichts an die Software von Palantir ran. Deshalb wird sie rund um den Globus von Polizeien und Geheimdiensten genutzt", betont Ernst Herget, Mitglied im Landesvorstand der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Die Software leiste der Polizei in NRW "immens wichtige Dienste", so Herget. Dabei nutze sie nur ohnehin zugängliches Material. "Rechtlich ist hier alles sauber abgedeckt. Es ist deshalb falsch von einer Spitzelsoftware zu sprechen, wir haben es mit einem Recherchetool zu tun."

Das NRW-Innenministerium weist in dem Zusammenhang darauf hin, dass die Server der Software autark in eigenen Rechenzentren der Polizei NRW betrieben würden. Es bestehe keine Möglichkeit für einen Zugriff auf Polizeidaten durch die Firma Palantir.,

Widerstand in den Bundesländern

Doch ein bundesweiter Einsatz der Software scheint fraglich. Der Bundesrat hatte im März zwar eine "gemeinsam betriebene automatisierte Datenanalyseplattform" für die Polizei der Länder gefordert. Doch dabei sprachen sich nach BR-Recherchen Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen, Niedersachsen, Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen explizit gegen einen Einsatz von Palantir aus.

"Trotz technischer Leistungsfähigkeit bestehen aus unserer Sicht Bedenken hinsichtlich langfristiger Abhängigkeiten von einem US-Anbieter und der Vereinbarkeit mit europäischen Datenschutz- und Sicherheitsstandards", teilte das saarländische Innenministerium mit.

NRW-Innenminister Reul verweist hingegen auf gute Erfahrungen an Rhein und Ruhr mit dem System: "Kritik darf es daran geben, aber während wir uns durchs datenschutzrechtliche Dickichte kämpfen, sind die Straftäter schon über alle Berge."

Über das Thema berichten wir am Donnerstag (17.04.) in der WDR 5-Sendung Westblick ab 17.04 Uhr.

Unsere Quellen:

  • Innenministerium NRW
  • Gewerkschaft der Polizei NRW
  • Statement von Julia Höller (Grüne)