Symbolbild: Menschen in einem Krankenhausflur

Krankenhausreform: Wo der Weg zur Klinik länger als 20 Minuten dauert

Stand: 03.02.2025, 17:46 Uhr

Krankenhausplanung ist Ländersache. Nun aber schlägt NRW vor, wer an Rändern des Landes lebt, könne ins Nachbarland ausweichen.

Von Thomas DrescherThomas Drescher

Viele Menschen in NRW verbinden mit den Krankenhausreformen von Bund und Land die Befürchtung, dass ihre Wege zur medizinischen Versorgung deutlich länger werden, wenn einzelne Abteilungen oder sogar ganze Kliniken schließen müssen. Vor allem in dünn besiedelten, ländlichen Gebieten geht diese Sorge um.

Und das, obwohl Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) versprochen hat, dass der Zugang zu einem Krankenhaus mit internistischer und chirurgischer Grundversorgung nicht länger als 20 Autominuten entfernt sein soll. Für 90 Prozent der Bevölkerung in den jeweiligen Kreisen soll das gelten.

Längere Fahrzeiten für die Grundversorgung

Nun zeichnet sich ab, in welchen Gebieten sich dieses Versprechen nicht einhalten lässt, zumindest dann nicht, wenn man allein auf Nordrhein-Westfalen blickt. Auf eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion im Landtag beschreibt das Gesundheitsministerium, in welchen Landkreisen sich Patienten und Angehörige auf mehr als 20 Minuten Fahrzeit einstellen müssen.

Betroffen sind diese zwölf von 31 Landkreisen.

  • Hochsauerlandkreis (Teile im Osten und Westen)
  • Märkischer Kreis (Teile im Westen)
  • Kreis Olpe (Teile im Norden und Westen)
  • Kreis Siegen-Wittgenstein (Teile im Osten, Süden und Westen)
  • Kreis Höxter (Teile im Osten)
  • Kreis Minden-Lübbecke (Teile im Norden)
  • Kreis Paderborn (in den Randgebieten)
  • Kreis Euskirchen (Grenzgebiet zu Belgien)
  • Kreis Borken (Teile der Randgebiete)
  • Kreis Coesfeld (Teile im Osten und Norden)
  • Kreis Warendorf (Teile im Norden)
  • Kreis Steinfurt (Teile der Randgebiete)

Allerdings weist das Gesundheitsministerium darauf hin, die Fahrzeiten in einigen der betroffenen Gebiete könnten sogar deutlich unter 20 Minuten liegen, wenn die Patienten in benachbarte Bundesländer oder nach Belgien beziehungsweise in die Niederlande ausweichen.

Kritik von der Opposition

Die SPD-Opposition kritisiert die Angaben des Gesundheitsministeriums scharf. Minister Laumanns Krankenhausplan sei "in Teilen gescheitert", sagte Thorsten Klute, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD im Landtag. Manche Menschen in den betroffenen Landkreisen würden von der Krankenhausplanung "regelrecht abgehängt", so Klute.

Das Gesundheitsministerium hält dagegen: Bei der Grundversorgung gebe es "beinahe keine Veränderung zur aktuellen Versorgungssituation," heißt es in einer Stellungnahme gegenüber dem WDR. Das heißt, wer in dünn besiedelten Gebieten auch heute schon länger als 20 Minuten fahren muss, für den wird sich nicht viel ändern.

Wissen die Nachbarländer Bescheid?

Mit einer größeren Veränderung der Patientenströme über Landes- oder gar Staatsgrenzen hinweg rechnet das Gesundheitsministerium daher nicht. Zudem sei festzustellen, dass Patientinnen und Patienten sich schon heute wenig um Landesgrenzen kümmern und das für sie beste Krankenhaus suchen. Gefragt, wie denn sichergestellt sei, dass nun nicht plötzlich die grenznahen Kliniken in Niedersachsen, Hessen oder Rheinland-Pfalz pleite gehen, schreibt das Ministerium: "Das Land Nordrhein-Westfalen hat keinen Einfluss auf die wirtschaftliche Situation und Entscheidungen der Krankenhausträger in anderen Bundesländern."

Mehr als 30 Minuten zur Kardiologie oder Stroke-Unit

Für Fahrzeiten zu einem Herzspezialisten mit Katheterlabor oder zu einer Stroke-Unit zur Schlaganfallbehandlung macht der NRW-Krankenhausplan keine konkreten Vorgaben. Dennoch sollten 90 Prozent der Bevölkerung innerhalb von 30 Minuten solche Behandlungen erreichen können.

Die sogenannte "interventionelle Kardiologie" wird in Teilen des Hochsauerlandkreises (Osten und Westen) und im Märkischen Kreis (Norden und Süden) nicht in einer halben Stunde erreicht.

Stroke-Units sind in Teilen der Kreise Borken (Randgebiete und mittig), Coesfeld (Norden), Olpe (Westen), Steinfurt (Osten und Westen) und Siegen-Wittgenstein (Norden und Süden) nicht in 30 Minuten erreichbar.

40 Minuten bis zum Kreißsaal

In nahezu allen Landkreisen werde eine Geburtshilfe innerhalb von 40 Autominuten von 100 Prozent der Bevölkerung erreicht. Ausnahmen sind:

  • Ennepe-Ruhr-Kreis (Westen)
  • Kreis Euskirchen (Grenzgebiet zu Belgien)
  • Hochsauerlandkreis (Süden)
  • Kreis Höxter (Osten)
  • Märkischer Kreis (Osten)
  • Kreis Minden-Lübbecke (Norden)
  • Kreis Siegen-Wittgenstein (Osten)
  • Rhein-Sieg-Kreis (Osten)

In den genannten Gebieten können immerhin 90 Prozent der Bevölkerung mit 40 Minuten Fahrzeit rechnen.

Weitere Themen