Erdbeben in Südostasien: Mehr als 1.600 bestätigte Tote | Kurzvideo

00:32 Min. Verfügbar bis 30.03.2027

Erdbeben in Südostasien: Mehr als 1.600 bestätigte Tote, Hilfe aus NRW

Stand: 30.03.2025, 15:47 Uhr

Ein schweres Erdbeben hat Myanmar und Thailand erschüttert. Auch China und Vietnam hat das Beben erreicht. In NRW werden Hilfseinsätze geplant.

Nach dem schweren Erdbeben in Südostasien, das außer in Myanmar auch in Thailand, China und Vietnam teils deutlich zu spüren war, steigt die Zahl der bestätigten Toten weiter an. Unterdessen setzen die Rettungskräfte die Such- und Bergungsarbeiten weiter fort. Die Militärregierung in Myanmar meldete am Samstagnachmittag bereits mehr als 1.600 Tote und 3.400 Verletzte.

Einsatzkräfte arbeiten am Schutthaufen eines eingestürzten Hochhauses im Bau

Bangkok: Einsatzkräfte arbeiten am Schutthaufen des eingestürzten Hochhauses im Bau

In der thailändischen Hauptstadt Bangkok gibt es nach bisherigen Angaben mindestens 17 Todesopfer. Es wird befürchtet, dass die Zahlen weiter steigen. Unter den Trümmern eines Hochhauses in Bangkok, das sich mitten im Bau befand, werden immer noch weitere Menschen vermutet. "Überall war plötzlich Staub und dann dauerte es noch drei, vier Sekunden, bis das ganze Gebäude in sich zusammenbricht", schilderte eine Augenzeugin in Bangkok die dramatischen Momente.

"Alle hier rannten um ihr Leben." Augenzeugin in Bangkok
zu Einsturz des Hochhauses

83 Menschen würden noch vermisst, teilten die Behörden mit. 32 Verletzte wurden gemeldet. Die Helfer kämpfen gegen die Zeit. Am Vortag hatten sie Lebenszeichen unter den Trümmern vernommen. Mit Spürhunden suchen sie nach weiteren Überlebenden. Zugleich schwindet die Hoffnung, unter den Trümmern noch Überlebende zu finden.

Spürhunde helfen bei der Suche nach Überlebenden unter Trümmern in Bangkok, 30.03.25

Spürhunde helfen bei der Suche nach Überlebenden in Bangkok

Schweres Erdbeben in Südostasien

WDR Studios NRW 30.03.2025 01:01 Min. Verfügbar bis 30.03.2027 WDR Online


Am Samstagabend und Sonntagmorgen versetzten mehrere Nachbeben die Menschen in Myanmar erneut in Angst, am Sonntagnachmittag (Ortszeit) maß die US-Erdbebenwarte USGS eine Erschütterung der Stärke 5,1.

Erdbeben in geringer Tiefe

Das Erdbeben der Stärke 7,7 hatte sich am Freitag gegen 14.20 Uhr Ortszeit (07.20 Uhr Mitteleuropäischer Zeit) 16 Kilometer nordwestlich der myanmarischen Stadt Sagaing in geringer Tiefe ereignet. Die Erschütterungen waren sogar in Kambodscha, Bangladesch und Indien zu spüren. Wenige Minuten später folgte ein weiteres schweres Beben der Stärke 6,7.

Vor allem in Myanmar richtete das Beben massive Schäden an: Häuser und Brücken stürzten ein, Straßen wurden aufgerissen. Besonders schwere Verwüstungen gab es in der zweitgrößten Stadt des Landes, Mandalay, wo dutzende Häuser einstürzten. Die 1,7-Millionen-Einwohner-Stadt liegt nahe des Epizentrums des Bebens.

Ein Mann läuft die Trümmer eines eingestürzten Gebäudes

Myanmar: Ein Mann läuft die Trümmer eines eingestürzten Gebäudes

Betroffen war auch die Hauptstadt Naypyidaw. Dort stürzte der Eingang der Notaufnahme eines wichtigen Krankenhauses ein. Die Klinik musste hunderte Verletzte unter freiem Himmel behandeln.

Ausmaß sehr unklar - Myanmar ist im Bürgerkrieg

In den sechs am schlimmsten betroffenen Regionen des Landes wurde der Notstand ausgerufen. Das Land leidet seit vier Jahren unter einem Bürgerkrieg, der mit der Machtübernahme der Junta einsetzte. Die Infrastruktur und die öffentliche Gesundheitsversorgung sind zerrüttet und vielfach nicht mehr funktionsfähig. Es dürfte dauern, bis das ganze Ausmaß der Katastrophe deutlich wird.

Ein eingestürztes Gebäude in Nyapyitaw

Myanmar: Ein eingestürztes Gebäude in Naypyidaw

In einem ungewöhnlichen Schritt bat der Chef von Myanmars Militärregierung, Min Aung Hlaing, um internationale Hilfe. Angesichts des Ausmaßes der Zerstörung solle "jedes Land, jede Organisation" helfen. In der Vergangenheit hatten es Militärregierungen in Myanmar selbst bei großen Naturkatastrophen abgelehnt, um internationale Hilfe zu bitten.

Aufgrund der unübersichtlichen politischen Lage und auch der kaputten Infrastruktur gestaltet sich der Einsatz in Myanmar für internationale Helfer schwierig. Die Rebellen riefen eine Teilwaffenruhe aus, damit Hilfen leichter ins Land gelangen. Dennoch griff die Militärjunta auch nach dem Beben noch Stellungen der Rebellen an.

Deutschland sagt Hilfe zu

Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte, Deutschland unterstütze die Hilfsprogramme der UNO und sei bereit, weitere Hilfe zu leisten. Auch die EU und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sagten Unterstützung zu. Die EU unterstützt nach eigenen Angaben bereits mit Satellitenbildern.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagt, dass es derzeit keine Hinweise auf deutsche Opfer gebe. Die Lage sei noch sehr unübersichtlich. Auf den bei Urlaubern beliebten Inseln Koh Samui und Phuket spürten Anwohner nichts vom Beben.

Hilfe für die Erdbebengebiete in Südostasien

"Bündnis Entwicklung Hilft" und "Aktion Deutschland Hilft" rufen mit folgendem Konto gemeinsam zu Spenden auf:

IBAN: DE53 200 400 600 200 400 600
BIC: COBADEFFXXX
Commerzbank

Stichwort: ARD/ Erdbeben Südostasien

Hilfe für Erdbeben-Region auch aus NRW

Auch in NRW beobachten verschiedene Hilfsorganisationen insbesondere die Lage in Myanmar. Der Malteser Hilfsdienst teilte am Samstag in Köln mit, dass noch am Abend ein Nothilfeteam nach Yangon in Myanmar aufbrechen werde - darunter auch medizinisches Personal. Die Hilfsorganisation I.S.A.R. Germany hat bereits am Freitag ein Lagezentrum in Duisburg eingerichtet. I.S.A.R. ist auf Einsätze in Erdbebengebieten spezialisiert und könnte spezielle Such- und Rettungsteams sowie medizinische Nothilfe schicken.

Allerdings wird es vorerst keinen Einsatz geben, sagt ein Sprecher von I.S.A.R. dem WDR. Die Lage in Myanmar sei zu unübersichtlich. Durch die instabile politische Situation in Myanmar fehlen den deutschen Helfern Ansprechpartner, um verbindliche Absprachen zu treffen und den Einsatz zu koordinieren.

Ein weiterer Faktor sei die Zeit. Bei Sucheinsätzen in Erdbebengebieten sind die ersten 72 Stunden entscheidend. Anreise und Materialtransport nach Myanmar gestalten sich ebenfalls schwierig. I.S.A.R. prüft nun Hilfslieferungen, zum Beispiel für medizinische Ausrüstung.

Technisches Hilfswerk in Bereitschaft

Auch das Technische Hilfswerk ist auf die Suche nach Vermissten in Erdbebengebieten spezialisiert. Das THW steht aber vor demselben Problem. Im Lagezentrum in Bonn rechnet man kaum noch mit einem Sucheinsatz. Das THW könnte aber auch technische Hilfe leisten, zum Beispiel bei der Trinkwasseraufbereitung.

Die in Bonn ansässige Welthungerhilfe prüft nach den Worten ihres Landesdirektors Henry Braun, die bereits laufende Unterstützung von Menschen in Not mit Nahrungsmitteln, Bargeld und Hygieneartikeln auszuweiten. Das katholische Hilfswerk Missio Aachen richtete einen Hilfsfonds für Myanmar ein.

Rotes Kreuz hält Hilfsgüter bereit

Hilfsgüter könnten auch vom Deutschen Roten Kreuz ins Krisengebiet geschickt werden. "Wir stehen in engem Austausch mit dem Roten Kreuz Myanmar und finden gerade heraus, was benötigt wird", sagt DRK-Sprecherin Rebecca Winkels dem WDR. Man stehe "jederzeit bereit".

Das Rote Kreuz hält für Notfälle, wie in Myanmar, in seinen Lagern permanent Material bereit. Zelte, Decken und Hygieneartikel könnten kurzfristig geliefert werden.

Schwieriges Lagebild für Hilfsorganisationen

Für die Organisationen gestaltet sich die Koordination ihrer Hilfe extrem schwierig. Normalerweise melden Staaten, die Hilfe brauchen, sehr konkret, was benötigt wird. Das ist aufgrund der politischen Situation in Myanmar aber nicht so einfach. Es gibt keine eingeübten Kommunikationskanäle mit der Militärregierung in Myanmar.

Auch die Anreise ins Krisengebiet ist schwierig. Wegen der schlechten Infrastruktur in Myanmar ist die Anreise für deutsche Helferinnen und Helfer sehr umständlich und zeitintensiv.

Häufig Erdbeben in der Region

In Myanmar ist die Gefahr für Erdbeben relativ hoch. Die US-Erdbebenwarte zählte zwischen 1930 und 1956 sechs starke Beben mit einer Stärke von mindestens 7,0 in der Nähe der sogenannten Sagaing-Verwerfung, die sich von Norden nach Süden durch das Land zieht. Hier bewegen sich die indische Kontinentalplatte und die eurasische Platte mit einer Geschwindigkeit von etwa 18 Millimeter pro Jahr aneinander vorbei.

Es bauen sich Spannungen auf, die sich immer wieder entladen - nach einer ruhigeren Phase, die fast 70 Jahre angehalten hatte, erläuterte das Deutsche Geoforschungsinstitut (GFZ) in Potsdam. Dessen Experten gehen aktuell von einer Bruchlänge von mehr als 200 Kilometern aus.

Unsere Quellen:

  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP
  • TikTok-Accounts, u.a. von baimondesu und jamessingular
  • Helmholtz-Institut für Geoforschung Potsdam
  • Incorporated Research Institutes for Seismology, IRIS
  • Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
  • Deutsche Geoforschungsinstitut