Unter dem Strich stand 2024 ein Minus von 1,8 Milliarden Euro. Das ist knapp eine Milliarde weniger als im Jahr davor. Grund für das verbesserte Ergebnis war vor allem, dass der Bund hohe Kosten für notwendige Instandhaltungsarbeiten ausgeglichen hat, bei denen die Bahn im Jahr 2023 in Vorleistung gegangen war.
Dass der Konzern trotzdem in den roten Zahlen blieb, liegt vor allem am Verkauf der früheren Logistik-Tochter DB Schenker. Die gut laufende Sparte hatte die Bilanz des Mutterkonzerns stets mit hohen Gewinnen aufgebessert. Doch davon hat die Bahn nichts mehr. Der Verkaufsabschluss wird für dieses Jahr erwartet.
Expertin: Hohe Kosten durch Untätigkeit
Dass der Konzern weiter in der Verlustzone hängt, ist vor allem dem in die Jahre gekommenen Schienennetz und den Folgen daraus zuzuschreiben. "Die Deutsche Bahn befindet sich in der größten Krise seit der Bahnreform", bewertet Konzernchef Richard Lutz die Lage. Die Pünktlichkeit im Fernverkehr erreichte im vergangenen Jahr einen historischen Tiefpunkt: lediglich 62,5 Prozent der Züge waren pünktlich am Ziel. "Wir sind in wesentlichen Bereichen weit weg von dem, was wir uns vorgenommen haben und was unsere Kunden von uns erwarten", so Lutz weiter.
Birgit Milius von der TU Berlin sieht Versäumnisse der Vergangenheit als einen Grund für die hohen und drückenden Kosten. "Viel ist über Jahre liegengeblieben, was jetzt erst langsam abgearbeitet wird", sagte sie dem WDR. Vor allem fehle es aber an Personal, dass die Bahn das gewünschte Angebot nicht so fahren könne wie gewünscht.
Der Konzern verkündete am Donnerstag, dass 2024 rund tausend Stellen in Verwaltung und Vertrieb abgebaut worden seien. Insgesamt soll die Zahl der Beschäftigten in den nächsten zwei Jahren um rund 10.000 sinken - vor allem um Kosten zu senken.
Die Deutsche Bahn: Bilanz und Zukunft. WDR 5 Mittagsecho. 27.03.2025. 10:03 Min.. Verfügbar bis 27.03.2026. WDR 5.
Kritik: Bahnvorstand beschönigt die Lage
Die Politik habe zu lange die schlechter werdende Lage ignoriert, kritisiert Christian Böttger von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. In Infrastrukturberichten seien Warnsignale erkennbar gewesen: "Das ist Versagen auf breiter Front, mit dem Bahn-Vorstand mittendrin." Der habe auch in der Bilanz-PK seine Strategie fortgesetzt, mit Zahlen und schön formulierten Zielen die Lage zu beruhigen und beschönigen.
Abgeschlossene Generalsanierungen wie bei der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim müssten genau analysiert werden, ob sie wirklich mehr Vor- oder mehr Nachteile gebracht hätten, so Böttger. Stattdessen komme vom Bahn-Vorstand nur "Jubelpropaganda". Dabei könne es bei den nächsten wichtigen Streckenkorridoren, die zur Sanierung anstehen, "noch bitterer für die Fahrgäste werden." Für die umfassende Erneuerung der Riedbahn-Strecke hatte die Bahn den viel befahrenen Abschnitt im Vorjahr rund fünf Monate lang komplett gesperrt.
Strukturreform und intelligente Planung gefordert
Aus Böttgers Sicht brauche die Bahn eine Strukturreform, in der Netz und Betrieb stärker voneinander entkoppelt werden: "Ich vermisse außerdem bisher ein Konzept, wie das beschlossene Sondervermögen konkret verbaut werden soll." Dafür fehlten der Bahn die personellen Ressourcen. Es brauche jedoch eine intelligente Planung, damit mit dem vielen Geld auch deutlich mehr gebaut und saniert werde.
Birgit Milius von der TU Berlin lobt hingegen den Ansatz der Bahn, sich jetzt erst einmal auf die Sanierung der Infrastruktur und einen stabilen Betrieb zu fokussieren: "Damit schafft die Bahn eine Basis, kann Umleitungen für die nächsten Projekt bereitstellen und Vertrauen zurückgewinnen." Parallel sollte sie jedoch die Modernisierung und den Neu- und Ausbau von Strecken bereits vorbereiten.
Mehr Personal ausbilden und Prozesse beschleunigen
Die Forscherin sorgt sich, dass die Bahn ihre groß angelegten Sanierungsprojekte gerade der zentralen Korridore zu ambitioniert plant. Der Konzern sollte seine Beschäftigten und die Baufirmen nicht überfordern. "Kleinere Projekte, die sich schneller umsetzen lassen und auch für mehr Stabilität sorgen, sollte der Konzern nicht vergessen", empfiehlt Milius.
Um die anstehenden Sanierungsschritte auch bewältigen zu können, müsse die Bahn laut Milius intensiv die Ausbildung neuer Beschäftigter vorantreiben. Nach Angaben von Konzernchef Lutz wurden allein im vergangenen Jahr rund 6.100 Auszubildende und duale Studierende eingestellt. Aus Sicht von Milius ist aber auch die Politik gefragt, die Prozesse und Verfahren für die Sanierung von Strecken zu beschleunigen: "Das kostet nicht viel Geld, würde angesichts des großen Sanierungsstaus aber viel helfen."
Sanierungsprogramm soll Kehrtwende bringen
Mit dem umfassenden Sanierungsprogramm "S3", das den Betrieb, die Infrastruktur und die Finanzen in den Blick nimmt, will die Bahn innerhalb weniger Jahre die Kehrtwende schaffen. Die Modernisierung des Kernnetzes laufe bereits. Ein neues Baustellenmanagement, das Sanierungsarbeiten in feste Zeitfenster während des laufenden Betriebs eintaktet, soll die Pünktlichkeit der Fernzüge in den kommenden zwei Jahren wieder auf bis zu 80 Prozent verbessern.
Der Bahn-Vorstand rechnet in diesem Jahr mit einem erneuten Investitionsrekord - mehr als 20 Milliarden Euro will der Konzern zusammen mit dem Bund in die Infrastruktur stecken. Schon in diesem Jahr will die Bahn außerdem operativ wieder schwarze Zahlen schreiben.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- Pressekonferenz von Richard Lutz, Vorstandsvorsitzender der DB AG
- WDR-Interview mit Prof. Birgit Milius, Technische Universität Berlin
- Phoenix-Interview mit Prof. Christian Böttger, Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin