Altersdiskriminierung beruht auf der Annahme, dass Menschen bestimmte Fähigkeiten entweder noch nicht oder nicht mehr besitzen. Bei der Umfrage gaben 45 Prozent der mehr als 2.000 Befragten an, aufgrund ihres Lebensalters benachteiligt worden zu sein.
Meist jüngere Menschen betroffen
Am häufigsten berichteten die 16- bis 44-Jährigen von Ausgrenzung aufgrund ihres Alters: Hier gaben 52 Prozent der Befragten an, mindestens einmal eine solche Erfahrung gemacht zu haben. Bei Menschen zwischen 45 und 64 waren es nur 43 Prozent und bei den über 65-Jährigen waren es mit 35 Prozent deutlich weniger.
Dass die Quote der Betroffenheit mit steigendem Alter sinkt, lässt sich laut der Untersuchung "unter anderem mit einer stärkeren Sensibilität gegenüber gesellschaftlichen und persönlichen Ungleichbehandlungen unter Jüngeren" erklären.
Dabei spiele häufig eine Rolle, dass jüngere Menschen mit ihren Anliegen nicht ernst genommen oder in vielen Bereichen für zu jung gehalten würden - etwa bei verwehrten Aufstiegschancen im frühen Erwerbsleben. Auch in der Schule oder beim Wahlrecht nähmen Jugendliche Ungleichbehandlungen wahr.
Über alle Altersgruppen hinweg gaben lediglich sechs Prozent der Befragten an, dass sie "häufig" Altersdiskriminierung erleben. Bei 13 Prozent ist dies demnach "gelegentlich" der Fall und bei 26 Prozent "selten".
Stärkste Diskriminierung am Arbeitsmarkt
39 Prozent der Betroffenen gaben an, bei der Arbeit wegen ihres Alters ausgegrenzt worden zu sein. Vor allem Frauen ab Mitte 40 und Männer ab 50 berichten von Diskriminierung bei der Arbeitssuche. Zum Beispiel durch Sätze wie: "Sie passen leider nicht in unser junges Team." Oder durch die Unterstellung, man könne mit den modernen Entwicklungen nicht mehr mithalten. Aber auch Fortbildungen würden manchmal aus Altersgründen verweigert.
Auch im Gesundheitsbereich fühlten sich 27 Prozent der Befragten diskriminiert. Ein Viertel schildert Altersdiskriminierung im Geschäftsleben, beispielsweise wenn ein Darlehen aus Altersgründen abgelehnt wird. 22 Prozent beklagen Altersdiskriminierung auf dem Wohnungsmarkt, wenn sich zum Beispiel Vermieter weigerten, eine Wohnung altersgerecht zu sanieren.
"Altersdiskriminierung ist ein enorm großes Problem, vor allem am Arbeitsmarkt", sagte die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, der Deutschen Presse-Agentur. Sie kritisierte, dass bisherige Bundesregierungen das Thema weitgehend ignoriert hätten. Dies schade nicht nur den Menschen, sondern auch der Wirtschaft, betonte sie.
Diskriminierung im Job schwer nachweisbar
Das Problem: Altersdiskriminierung ist vor allem im Arbeitsleben oft schwer nachzuweisen. "Die meisten Unternehmen, gerade in Deutschland, halten sich sehr bedeckt, was die Auskünfte zu Absagegründen angeht. Und sie haben auch gelernt, Texte zu verfassen, die rechtssicher sind", sagt Karriere-Coach Marketa Burger.
Ältere Arbeitnehmer sollten sich deshalb auf die eigenen Stärken konzentrieren, so der Rat. Und sich ein positives Betriebsumfeld suchen - so wie im Solinger Familienunternehmen “Windmühlenmesser”. Chefin Gieselheid Herder-Scholz setzt bewusst auf einen Mix aus jüngeren und älteren Menschen. Mehr als die Hälfte ihrer Belegschaft ist über 50. Und das hat Vorteile, sagt sie.
Die Älteren haben die Reife, die Ruhe, die Erfahrung und die Jüngeren bringen den Elan und die Lernbereitschaft von jungen Menschen mit rein. So wird das Wissen weitergegeben. Das ist unheimlich wichtig. Gieselheid Herder-Scholz
Ataman fordert mehr Einsatz gegen Diskriminierung
Die Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman fordert, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz zu reformieren. Zwar verbiete dieses Gesetz die Diskriminierung aufgrund des Alters, aber das wisse kaum jemand.
Altersbedingte Ablehnungen bei Kreditvergaben oder Kfz-Versicherungen müssten transparenter begründet werden und auch ein vertragliches Mindest- oder Höchstalter gehöre auf den Prüfstand. Außerdem solle die Beschwerdefrist im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz von zwei Monaten auf ein Jahr verlängert werden.
Außerdem fordert Ataman: "Wir brauchen jetzt einen Nationalen Aktionsplan gegen Diskriminierung und ein Verbot von Altersdiskriminierung im Grundgesetz". So könnten alle gesetzlichen Regelungen auf die Gefahr der Diskriminierung überprüft werden. Sie appellierte an die künftige Regierung, das Thema ernst zu nehmen. Sie selbst wolle in ihrer Amtszeit bis 2027 einen Schwerpunkt auf das Thema legen, hieß es weiter. Antidiskriminierung sei "das Gebot der Stunde", so Ataman.
Quellen:
- Studie Antidiskriminierungsstelle
- WDR-Reporter in Solingen
- Nachrichtenagentur dpa
- Nachrichtenagentur epd