Es ist trotz Urteil ein Scherbenhaufen: Der bis 2020 im Amt befindliche Bürgermeister hatte mit Immobiliendeals seiner Kommune viel Ärger beschert.
Das Landgericht stellte fest: Er war bestechlich - hatte seinem mitangeklagten Geschäftspartner Grundstücke der Gemeinde gegen Geld günstiger überlassen. Am Ende gab es in Ostbevern eine Kita-Ruine, jede Menge Misstrauen und noch mehr Fragen.
Nach seiner Abwahl hatte der nun Verurteilte seinem Nachfolger nur zwei Zettel mit Telefonnummern in die Hand gedrückt. Es hat keinerlei Aktenlage zu den Vorgängen gegeben, alles musste aufwändig recherchiert werden, erinnert sich der aktuelle Bürgermeister an seine ersten Tage im Amt.
"Warum macht ihr denn nichts?" seien sie in Politik und Verwaltung immer wieder von Bürgern gefragt worden, während die Ermittlungen und der Prozess liefen, erzählt Bürgermeister Karl Piochowiak, lief auch ihre Aufarbeitung längst. Außenstehende konnten aber oft nicht nachvollziehen, was im Rathaus so viel Arbeit machte oder warum man so wenig darüber erzählen konnte.
Trotz der Misere: Mit der Kita "Biberbande" Betreuungsplätze für Kinder zu schaffen, sei für alle zunächst das Wichtigste gewesen. Schnell und ordnungsgemäß, mit Ausschreibung wollten sie künftig planen.
Denn aus den Verträgen heraus zu kommen, die der nun verurteilte Ex-Bürgermeister teilweise noch in seinen letzten Tagen in Ostbevern unterschrieben hatte, war gar nicht so einfach: Allein bei dem Mietvertrag für die Skandal-Kita habe das sechs Monate gedauert, so Piochowiak.
Schwachstellen finden und schließen
Damit so was nie wieder passiert, haben sie sich angeschaut, wo Kontrolle versagt hat. Die Regeln für Rat und Verwaltung sollen künftig so klar sein, dass alle immer genau wissen, was zu tun ist.
In der Verwaltung hätten Führungskräfte ihre Pflichten manchmal nicht ernst genug genommen: "Sachbearbeiter haben vermisst, dass da mal jemand durchgreift," stellt Bürgermeister Piochowiak deutlich fest.
Und wenn trotz aller Aufarbeitung wieder etwas falsch läuft? Dafür hat Ostbevern jetzt eine Meldestelle nach dem Hinweisgeberschutzgesetz: Die Gleichstellungsbeauftragte ist die Ansprechpartnerin, an die sich Menschen vertraulich wenden können, wenn ihnen etwas auffällt. Gerade, wenn der Chef zum Problem wird wie in Ostbevern geschehen, ist so eine Stelle wichtig.
Bis wann alle Schäden beseitigt sind, ist noch offen
Das Aufräumen nach dem Kita-Skandal wird noch dauern. Wann z.B. das Verwaltungsgericht über die Schadensersatzforderung der Gemeinde von 1,6 Millionen Euro urteilt, kann keiner sagen. Wie über die Versorgungsansprüche des Ex-Bürgermeisters entschieden wird, weiß in Ostbevern auch noch niemand. Für das Disziplinarrecht ist der Landrat zuständig.
Und dann ist da noch der menschliche Faktor: Die Betrügereien haben das Vertrauen vieler erschüttert: das der Bürger in Politik und Verwaltung und das der Politiker untereinander - innerhalb und zwischen den Fraktionen.
Es hat viele persönliche Verletzungen gegeben: Beschimpfungen von Ratsmitgliedern, Verwaltungsmitarbeitenden und Kritikern des Ex-Bürgermeisters: "Entschuldigt hat sich dafür eigentlich kaum einer," sind sich alle einig.
Ein Gutes hatte die ganze Sache aber - man arbeite heute parteiübergreifend fairer und konstruktiver als unter dem Ex-Bürgermeister: "Im Rat sprachen Fachbereichsleiter früher nur nach Aufforderung durch den Ex-Bürgermeister," erinnern sie sich. Das will Karl Piochowiak so nicht. Denn "Widerspruch hilft, Fehler zu vermeiden."
Unsere Quellen:
- Bürgermeister Karl Piochowiak
- Fraktionsspitzen Ostbevern
- WDR-Reporterin vor Ort