Er habe erst mal "kurz Schnappatmung" bekommen, bekennt der parteilose Bürgermeister Bernd Buse von Straelen. Nämlich in dem Moment, als er erfuhr, dass die vorgezogene Bundestagswahl mit dem Straelener Karnevalszug zusammenfallen wird.
Der Zug mit 2000 Mitwirkenden und 65 Wagen und Fußgruppen lockt alle zwei Jahre sogar Jecke aus den nahen Niederlanden an. Wie ist da in der 16.000-Einwohner-Stadt eine ordnungsgemäße Wahl möglich?
Wahllokale ziehen um am Niederrhein - Karnevalszüge verlegt
Inzwischen hat die Stadt die größten Hürden genommen: Im Schulzentrum, wo üblicherweise gewählt wird, sind am 23. Februar Sanitäter, Ordnungskräfte und die Leitstelle für den Karnevalszug untergebracht. Die Wahllokale sind in zwei Kindergärten umgezogen, die etwas abseits der Zugstrecke liegen. Insgesamt hat die Stadt die Zahl der Wahlorte von neun auf sieben reduziert.
Auch in anderen Kommunen am Niederrhein stoßen Karneval und Bundestagswahl aufeinander. So mussten etwa in Kalkar, Dinslaken, Weeze, Xanten, Rees, Uedem und Goch Wahllokale verlegt werden, weil Räume durch Karnevalssitzungen belegt sind. In Sonsbeck wurde dagegen eine Karnevalsveranstaltung vorgezogen, um Platz für die Wahl zu machen. In Geldern-Kapellen ist der Karnevalszug um einen Tag vorverlegt worden.
Anderer Zugtermin nicht möglich
Wäre so etwas nicht auch in Straelen möglich gewesen? Stefan Terheggen vom Zugveranstalter GKG Narrenschiff winkt ab: "Wir haben unsere Prunkwagen auch an andere Züge vermietet. Da wären keine Termine mehr frei gewesen. Ausserdem hatten wir auch die Sanitäter schon ein halbes Jahr im voraus verpflichtet."
Verkleidung im Wahllokal ja, aber Gesicht erkennbar
Die Stadt sieht sich jetzt mit ungewöhnlichen Fragen konfrontiert: Dürfen Wählende verkleidet ihre Stimme abgeben? Was, wenn Maskierte im Wahllokal erscheinen? Bürgermeister Bernd Buse gibt die Richtung vor: "Verkleidung ja, aber das Gesicht muss erkennbar sein!"
Tipp: Per Brief oder vor dem Zug wählen
Die Menschen in Straelen sehen dem jecken Wahlsonntag ohnehin entspannt entgegen, zeigt eine WDR-Zufallsumfrage: "Wahl ist Pflicht, der Umzug danach ist Freizeit", sagt eine junge Frau, die mit ihren Kindern vom Einkaufen kommt. Eine andere ergänzt: "Die Straelener können das!"
Ein Mann ist entschlossen, per Brief zu wählen. Und ein weiterer empfiehlt: "Morgens zur Wahl gehen - wer weiss, ob das allen nach dem Zug noch möglich ist."
Unsere Quellen:
- Kinderzentrum Bethel
- Stadt Straelen
- Karnevalsgesellschaft Narrenschiff Straelen
- WDR-Abfrage in den Niederrhein-Kommunen
- WDR-Reporter vor Ort