Die tödlichen Schüsse im Jahr 2022 auf den damals 16-jährigen Mouhamed Dramé hatten bundesweit für Aufsehen gesorgt. Dramé soll in vermutlich suizidaler Absicht in einem Innenhof einer Jugendeinrichtung gesessen haben. Die Polizei kommt hinzu, der Einsatz eskaliert. Am Ende stirbt Mouhamed Dramé durch Schüsse aus einer Maschinenpistole.
Verfahren gegen beteiligte Polizisten läuft noch
Am Landgericht Dortmund läuft aktuell ein Verfahren gegen fünf Polizistinnen und Polizisten, die an dem Einsatz beteiligt waren. Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklage davon aus, dass das Vorgehen beim Einsatz nicht rechtmäßig gewesen sei. Bis zu einem rechtskräftigen Urteil gilt für alle Angeklagten die Unschuldsvermutung.
Im Zuge der Recherchen zum WDR-Lokalzeit-Podcast "Mouhamed Dramé – Wenn die Polizei tötet" haben Reporter auch eine Polizistin aus der Wache Nord begleitet. Das ist die Wache, in der auch die Angeklagten eingesetzt waren. Im Podcast-Interview benutzt die Polizistin immer wieder den Begriff "Schwarzafrikaner". Eine Bezeichnung, die die Antidiskriminierungsstelle des Bundes für rassistisch hält. Sie schreibt dazu: "Der Begriff ist bis heute abwertend konnotiert. Dies liegt auch daran, dass dem Begriff eine stark generalisierende Bedeutung innewohnt."
Polizei gibt Leitfaden zu nicht-diskriminierender Sprache heraus
Damit konfrontiert, sagt die Polizistin im Interview: "Das war mir leider neu. Ist das tatsächlich so? Was darf man denn sagen?" Das Wort wolle sie in Zukunft nicht mehr verwenden: "Das ist bei mir noch nicht angekommen. Es ist absolut nicht rassistisch gemeint." Die Dortmunder Polizei reagiert auf das Interview. Drei Monate nach unserem Gespräch in der Wache Nord stellt sie einen Leitfaden zu nicht-diskriminierender Sprache dauerhaft in ihr Intranet: Insgesamt 58 rassistische und diskriminierende Wörter werden dort aufgeführt. Unter anderem auch "Kanake", "Bastard" oder "Mischling".
Mit dem Leitfaden wolle man dafür sensibilisieren, "welche Wörter andere Menschen verletzen könnten". Das ergebe sich auch aus einem Wandel des Sprachgebrauchs. Sprache unterliege einem permanenten Wandel und dem wolle sich die Dortmunder Polizei anpassen, heißt es in einem Schreiben an den WDR.
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Martialischer Sticker in Dortmunder Polizeiwache
Direkt nach dem Interview mit der Polizistin fällt dem Podcast-Team ein martialisch wirkender Sticker auf, der damals noch auf einer Tür klebt. "ET Nord Dortmund" ist dort zu lesen – dazu ein Totenkopf mit Handschellen und einer Cap. "ET Nord" steht für einen zivilen Einsatztrupp der Polizeiwache Nord. Teile des Teams waren auch am Einsatz mit Mouhamed Dramé beteiligt.
Der Aufkleber ist zwar nicht strafbar, auf Nachfrage des WDR habe der Dortmunder Polizeipräsident Gregor Lange den Sticker aber entfernt und alle Wachen nach weiteren Exemplaren durchsuchen lassen.
Polizei setzt nach Fall verstärkter auf Dialog
Abseits dieser Beispiele haben der Fall Mouhamed Dramé und die anschließenden gesellschaftlichen Debatten der Dortmunder Polizei aber ein Stück weit die Augen geöffnet. Im Podcast-Interview sagt Gregor Lange dazu: "Da ist mir klar geworden: da müssen wir noch mal ganz gehörig was tun. Wir brauchen auch Vertrauen bei Menschen mit anderer Nationalität oder anderer Herkunft oder anderer Hautfarbe."
Die Dortmunder Polizei hat deswegen den Austausch verstärkt – mit mehr als 30 Vereinen, Verbänden, der Flüchtlingshilfe und Menschen mit Einwanderungsgeschichte. Dazu gehört auch eine Kooperationsvereinbarung, die diesen Dialog verstetigen soll. Ein Ergebnis dieses Dialogs ist zum Beispiel, dass es für Bürgerinnen und Bürger inzwischen möglich ist, sich auch in anderen Sprachen als Deutsch bei der Polizei zu beschweren.
Was sich durch den Fall Mouhamed Dramé noch bei der Polizei geändert hat, wie der Einsatz nach bisherigem Stand abgelaufen ist und was überhaupt der Polizist, der die tödlichen Schüsse abgab, zu dem Fall zu sagen hat, erfahrt ihr im Podcast "Mouhamed Dramé – Wenn die Polizei tötet".
Unsere Quellen:
- WDR-Recherchen
- Polizei Dortmund
- Polizeipräsident Gregor Lange