Zwei Jahre nach Erdbeben: Essenerin eröffnet Kita in der Türkei

Stand: 06.02.2025, 06:00 Uhr

Endlich wieder ein sicherer Ort zum Spielen. Eine Essenerin hat mit Spenden eine Kita im türkischen Erdbebengebiet errichtet.

Von Solveig Bader

Es fühlt sich ein bisschen an wie Kindergeburtstag - ein Clown ist zu Besuch, bunte Luftballons schmücken die nagelneuen Räume der Kita. Endlich haben die Kleinen wieder einen geschützten Bereich zum Spielen.

Nach dem verheerenden Erdbeben vor zwei Jahren hat in der Gemeinde Samandag im Süden der Türkei die erste Kita eröffnet: Ein helles, freundliches Fertighaus aus Stahl, auf dem Außengelände genug Platz zum Klettern und Toben.

Provinz Hatay besonders vom Erdbeben betroffen

Möglich gemacht hat das Lamia Faqirzada-Özal aus Essen. Die Juristin ist spezialisiert auf Baurecht und hat sich nach der Katastrophe unermüdlich für den Bau der neuen Kita eingesetzt. Die 35-Jährige lebt in dritter Generation in Deutschland, ihre Wurzeln liegen in der Türkei - genau dort, wo nahezu zwei Drittel der Häuser in Schutt und Asche gelegt worden waren.

Die Provinz Hatay war besonders stark vom Erdbeben getroffen, hier hat sie wie viele andere auch Verwandte und Freunde verloren. Es ist die Heimat ihrer Großeltern und Eltern, sie sind hier aufgewachsen.

Einer der Räume in der neuen Kita | Bildquelle: WDR/Lamia Faqirzada-Özal

„Seitdem ich denken kann, habe ich jede Sommerferien bei meiner Familie in der Türkei verbracht.“ Dass dieser Ort nach dem Erdbeben nicht mehr wiederzuerkennen war, hat sie tief erschüttert. „Ich habe Kinder gesehen, die auf Brachflächen und Feldern spielen mussten, in den Wintermonaten ohne Jacke, in Sandalen. Es gab ja nicht einmal Straßen, wo sie Fahrradfahren, Rollschuhlaufen oder Ball spielen konnten.“

Endlich ein sicherer Ort zum Spielen

Von ihrer Heimatstadt Essen aus plante sie den Bau der Kita. Sie fing an, Spenden zu sammeln. Auch große Stiftungen schrieb sie an - mit Erfolg. 650 000 Euro sind zusammen gekommen. Immer wieder reiste sie nach Hatay, um sich vor Ort ein Bild zu machen, mit den Behörden Kontakte zu knüpfen und über ihr Bauvorhaben zu sprechen. Die Gemeinde Samandag stellte ihr schließlich kostenlos ein Grundstück zur Verfügung.

Zerstörte Gebäude in der damaligen Erdbebenregion Hatay | Bildquelle: WDR

Nach anderthalb Jahren Planung und Bauzeit ist die Kita jetzt einzugsbereit. 40 Kinder haben sich schon angemeldet. Die Gruppen sollen noch erweitert werden - bis zu 80 Kinder sollen dort künftig betreut werden. Härtefälle haben erst einmal Vorrang: Waisen, Kinder von Alleinerziehenden, arbeitsloser oder behinderter Eltern. Vier Erzieherinnen werden aktuell auf ihre Aufgabe vorbereitet.

Die Kita ist erst der Anfang - weitere Einrichtungen geplant

Eigentlich sind es Tausende Kinder, die eine Betreuung brauchen, weiß die Essener Juristin. Auch der Wiederaufbau der Stadt laufe schleppend. Immer noch lebten zahlreiche Menschen in provisorischen Behausungen.

Zwei Jahre nach Erdbeben: Essenerin eröffnet Kita in der Türkei WDR Studios NRW 05.02.2025 00:38 Min. Verfügbar bis 05.02.2027 WDR Online

Mit ihrer Hilfe ist sie deshalb noch nicht am Ende. Ihre Essener Kanzlei hat sie verlassen, um den Wiederaufbau in der Türkei weiter voranzutreiben. Sie plant zwei weitere Kitas - gemeinsam mit dem gemeinnützigen ISS-Netzwerk, in dem sie inzwischen fest angestellt ist. Der Träger betreibt unter anderem mehrsprachige Kitas in NRW, zum Beispiel in Duisburg.   

Unsere Quellen:

  • Lamia Faqirzada-Özal
  • ISS-Netzwerk NRW
  • WDR-Reporterin