Es geht um ein Schreiben des Personalrates der Stadt Hamm vom 2. Dezember 2021 - mit brisanten Informationen. Der Personalrat lehnte damals die Einstellung von E. bei der Stadt ab. Seine Bewerbung war über das Büro des Oberbürgermeisters ans Personalamt weitergeleitet worden.
Grund: offenbar Kontakte zur Ülkücü-Bewegung
E. habe Kontakte zur Ülkücü-Bewegung, also türkischen Rechtsextremisten, heißt es in dem Schreiben. Die Einstellung des Mannes könne "negative Auswirkungen auf das Arbeitsklima" in seinem zukünftigen Tätigkeitsbereich haben und verstoße möglicherweise gegen einen Ratsbeschluss der Stadt Hamm, der jede Zusammenarbeit mit der Ülkücü Bewegung ablehnt und ausschließt.
Außerdem schreibt der Personalrat, dass die Durchführung eines Stellenbesetzungsverfahrens "unerlässlich sei" und verweist auf den Gleichstellungsplan der Stadt Hamm. Dort heißt es: "Neu zu besetzende Stellen ab Entgeltgruppe 7 TVöD [...] werden grundsätzlich verwaltungsintern ausgeschrieben und an zentraler Stelle zugänglich gemacht." Auch das scheint das Büro des Hammer SPD-Oberbürgermeisters Marc Herter nicht berücksichtigt zu haben, als es die Bewerbung von E. an das Personalamt der Stadt weitergeleitet hat.
Wer ist E.?
Als der Personalrat Kontakt mit dem OB-Büro aufnimmt, um den zukünftigen Tätigkeitsbereich von E. zu hinterfragen, heißt es dort, Herr E. sei "nicht direkt näher bekannt". Dann stellt der Personalrat eigene Recherchen an und kommt zu dem Ergebnis, dass auf Internetseiten "seitens des Herrn E. eine wiederkehrende Verbindung zu dem Verein 'Hamm ÜLKÜ Ocaği' mindestens bis Anfang 2017 und früher festgestellt werden" konnte. Also zu einem Verein der Ülkücü-Bewegung, auch als "Graue Wölfe" bekannt und wegen ihrer klaren nationalistischen und völkischen Haltung seit Jahren unter Beobachtung des Verfassungsschutzes.
Den Verein "Hamm ÜLKÜ Ocaği" gibt es mittlerweile nicht mehr, die meisten ehemaligen Mitglieder organisieren sich jetzt im Verein "Lünen Ülkü Ocagi" in der Nachbarstadt. Auch der Kopf der Grauen Wölfe in der Region Hamm und Lünen ist jetzt dort aktiv. Und zu dem pflegt E. auch heute noch über sein Facebook-Profil Kontakt, wie WDR-Recherchen zeigen.
Stadt: "keine Empfehlung für Bewerber"
Und was sagt Hamms Oberbürgermeister Marc Herter (SPD) dazu? Kennt er E. und wusste er von dessen Bewerbung? Schriftlich teilt uns die Pressestelle der Stadt Hamm zunächst mit, dass "Oberbürgermeister Herter zu keinem Zeitpunkt mit der Bewerbung des Herrn E. befasst war." E. habe eine "Initiativbewerbung" an das Büro des Oberbürgermeisters geschickt und diese sei dann am 01.09.2021 an den Personalbereich weitergegeben worden.
Es habe "keine Empfehlung für den Bewerber" gegeben: "Das weitere Verfahren wurde ausschließlich im zuständigen Personalamt geführt." Demnach hätte es eigentlich diesbezüglich keinen weiteren Kontakt in dieser Sache zwischen dem Personalamt und dem Büro von Oberbürgermeister Herter geben dürfen.
Dem WDR liegt aber eine Mail vor, in der es heißt: "Marc bat nun darum, gemeinsam nach einem Weg zu schauen, wie wir Herrn E. auf die N.N.-Stelle in 542.3 setzen." Mit Marc ist der Oberbürgermeister Marc Herter gemeint. Diese Mail ist vom 09.11.2021, geschrieben also gut zwei Monate nach der Weitergabe von E.‘s Bewerbung durch das Büro des Oberbürgermeisters.
Stadt bestätigt Mail
Die Stadt bestätigt später, dass es diese Mail gibt und teilt dazu in einem zweiten Statement schriftlich mit: "Der OB äußerte gegenüber seinem persönlichen Referenten nicht den Wunsch, Herrn E. einzustellen. Die von dem persönlichen Referenten gewählte Formulierung "wie wir Herrn E. auf die N.N.-Stelle in 542.3 setzen", stellte eine eigenständige und nur von dem persönlichen Referenten gewählte Formulierung dar, die nicht den Inhalt des vorausgegangenen Gespräches mit dem OB wiedergab."
Die Stadt betont: "Die durch den PR beabsichtigte Ablehnung der Einstellung mit Verweis auf Social-Media-Postings, die Anhaltspunkte für eine Nähe zur den Grauen Wölfen erkennen ließen, wurde ausdrücklich als richtig und zwingend geteilt."
Und was sagt Marc Herter zu Bildern, die ihn gemeinsam mit E. zeigen? Da sitzt der Oberbürgermeister, mehr als ein halbes Jahr nachdem der Personalrat den Mann wegen dessen Verbindungen zu türkischen Rechtsextremisten abgelehnt hatte, bei E. im Garten. Marc Herter betont, dass E. ihm nicht näher bekannt sei, nur "als ehemaligen Betreiber einer Innenstadt-Gastronomie." Die Bilder seien zufällig im Rahmen eines "Nachbarschaftskaffees im Garten des Hauses, in dem auch Herr E. wohnt" entstanden.
Marc Herter hat sich immer deutlich gegen jeden Rechtsextremismus gestellt. Annäherungsversuche türkischer Rechtsextremisten hat er dabei offenbar nicht immer im Blick.
Über das Thema berichtet der WDR am 25.08.23 auch in der Lokalzeit.