Fall Dramé: Weitere Zeugenaussagen sorgen für Widersprüche
Stand: 22.02.2024, 14:41 Uhr
Im Prozess gegen fünf Polizisten vor dem Landgericht Dortmund wurden weitere Zeugen gehört. Sie sollten Klarheit in den tödlichen Polizeieinsatz bringen, bei dem Mouhamed Dramé von einem Polizisten erschossen wurde.
Was genau ist am 8. August 2022 im Hinterhof einer Jugendeinrichtung in der Dortmunder Nordstadt passiert? Wie lief der Polizeieinsatz im Detail ab? Um das herauszufinden, wurden am fünften Prozesstag gegen mehrere Polizistinnen und Polizisten weitere Zeugen vernommen. Alle vier bisher vernommenen Zeugen waren zum Tatzeitpunkt Mitarbeiter in der Jugendeinrichtung, in der auch der 16-jährige Mouhamed Dramé lebte.
Zwei der Betreuer hatten bereits Mitte Januar ausgesagt, beide Befragungen mussten aber zunächst unterbrochen werden. Diese wurden am Mittwoch fortgesetzt. Auch zwei weitere Betreuer wurden gehört.
Ist Dramé auf die Polizisten zugerannt oder zugegangen?
Besonders im Fokus stand die Frage, wie Mouhamed Dramé, der zuerst ein Küchenmesser gegen sich selbst gerichtet haben soll, sich auf die Polizisten vor den tödlichen Schüssen zubewegt hat. Hier gingen die Schilderungen der Sozialarbeiter auseinander: Einer sagte aus, Dramé sei langsam auf die Polizisten zugegangen und habe die Arme hängen lassen. Andere Zeugen schilderten, der 16-Jährige habe sich schnell in Richtung der Polizisten bewegt.
Aufgrund der räumlichen Situation konnten alle Zeugen die Bewegungen nicht vollständig sehen. Dramé saß in einer Nische, zudem wurde die Sicht der Zeugen durch ein Auto versperrt. Der genaue Ablauf könnte aber für die abschließende Beurteilung des Falles eine große Rolle spielen. Denn in dieser Bewegung wurde Dramé von mehreren Schüssen aus der Maschinenpistole eines Polizisten tödlich getroffen. Der Schütze ist deshalb wegen Totschlags angeklagt. Bis zum Urteil gilt allerdings die Unschuldsvermutung.
Weitere zwölf Verhandlungstage angesetzt
Bis es zu einem Urteil kommt, wird es allerdings noch dauern: Bisher waren elf Verhandlungstage bis Mitte April angesetzt. Dazu kommen jetzt zwölf weitere Termine bis Mitte September. Dies liegt unter anderem am Umfang des Verfahrens. Zudem müssen mehrere Gutachten zum Fall nicht nur verlesen werden. Einige der Gutachter sollen auch vor Gericht gehört werden, so Nesrin Öcal, Pressesprecherin des Landgerichts Dortmund. Im Zweifel würden aber nicht alle angesetzten Verhandlungstage auch benötigt werden. Es handle sich dabei um eine "vorausschauende Prozessplanung", führt Öcal aus.
Der Prozess wird am 28. Februar fortgesetzt. Dann sollen erstmals auch Polizisten als Zeugen aussagen, die selbst an dem Einsatz beteiligt waren, aber nicht angeklagt wurden. Die angeklagten Beamten haben sich bisher noch nicht geäußert. Das solle aber im Laufe des Verfahrens geschehen, kündigten mehrere Verteidiger an.