Vier Personen stehen bzw. sitzen auf einer Bühne, hinter ihnen ein Plakat vom Stadtgespräch.

Lokalzeit Stadtgespräch in Paderborn: Wie wird man wieder fit?

Stand: 19.04.2025, 17:19 Uhr

Übergewicht nimmt zu. Kinder und Jugendliche bewegen sich weniger. Die Deutschen werden träge. Wie aber kommen wir wieder in den Tritt? Das wollte der WDR beim Lokalzeit Stadtgespräch in Paderborn wissen.

Von Uwe Pollmann

"80 Prozent der Kinder und Jugendlichen bewegen sich keine 60 Minuten mehr am Tag", stellte Mathias Hornberger fest, Vorsitzender des Paderborner Stadtsportverbands. Seit Jahrzehnten versucht er, Menschen für Sport zu begeistern, ist als Mister Ehrenamt seit Jahrzehnten beim Paderborner Osterlauf dabei.

Wie kommen wir wieder in den Tritt?

Mathias Hornberger spricht in ein Mikrofon.

Mister Ehrenamt Mathias Hornberger

Diesen ältesten Volks- und Straßenlauf Deutschlands nahm nun der WDR zum Anlass, mit Experten sowie Zuschauerinnen und Zuschauern und teilnehmenden Läufern auf dem Maspernplatz in Paderborn zu reden. Beim WDR Lokalzeit Stadtgespräch wollten wir wissen: Wie kommen wir wieder in den Tritt?

Mit Sport zurück ins Leben

Tobias Strüve ist einer, der zeigt, wie das gehen kann. 2016 wurde ein Tumor in seiner Halswirbelsäule entdeckt. Eine Querschnittslähmung drohte. Viele Jahre musste er mit großen Einschränkungen leben. Mit Hilfe der Medizin, eigener Motivation und viel Bewegung hat er sich ins Leben zurückgekämpft und ist in Paderborn wieder seinen ersten Wettkampf gelaufen. Die fünf Kilometer Strecke:

Das ist wie Geburtstag, Weihnachten, Ostern, alles zusammen für mich. Tobias Strüve, erst Tumor-Patient, jetzt wieder Läufer

Nicht Leistung ist wichtig, sondern Spaß und Freude

Doc Esser spricht auf einer Bühne in ein Mikrofon.

Doc Esser beim Lokalzeit Stadtgespräch aus Paderborn

"Laufen hat eben einen unfassbaren gesundheitlichen Aspekt", sagte dazu auf dem Podium WDR-Arzt "Doc Esser". Es sei für die Ausdauer unheimlich wichtig, es verlängere das Leben, senke Bluthochdruck, beuge depressiven Stimmungen vor. Aber nicht nur im Laufen, allgemein im Sport "steckt viel Potential".

Doch viele Menschen hindert noch immer der innere Schweinehund daran. Zwar gebe es in NRW mehr als 17.000 Sportvereine mit mehr als 5,5 Millionen Mitgliedern, so Hornberger. Doch gleichzeitig fehle es vor allem in der jungen Generation an Bewegung: "Eltern müssen mit ihren Kindern losgehen, Radfahren, Schwimmen, was viele oft nicht mehr können." Dabei komme es nicht auf die Leistung an, sondern auf Spaß und Freude.

Glückslehrerin: Eltern fordern ihre Kinder zu wenig

Eine, die das im Alltag vermittelt, ist die Geografie-, Sport- und Glückslehrerin Sandra Sticht aus Rheda-Wiedenbrück. Auch sie stellte fest, dass viele Kinder nicht mal mehr rückwärts gehen oder Purzelbäume schlagen können.

Sandra Sticht spricht in ein Mikrofon.

Glückslehrerin Sandra Sticht

Gerade Eltern förderten das zu wenig und ließen ihre Zöglinge schon früh zu viel mit dem Smartphone allein. Sie seien selbst auch kein Vorbild.

Aber nicht nur Eltern, sondern auch Lehrkräfte sollten Kindern den Sport aktiv vorleben, forderte Sticht. Und eine kurze Umfrage beim WDR Lokalzeit Stadtgespräch zeigt: Viele Gäste wissen aus der eigenen Schulzeit, dass Sportlehrer und Sportlehrerin oft nicht motivierend waren.

"Kinder und Jugendliche brauchen das Gefühl, man kann was erreichen"

Dabei habe "Glück und Glücklichsein viel mit Sport zu tun", so die Gymnasiallehrerin: "Kinder und Jugendliche brauchen das Gefühl, man kann was erreichen." Und das sei am besten in der Gemeinschaft, etwa mit den Eltern oder anderen Kindern möglich: "Das ist sehr wichtig." Die Mitdiskutierenden vor der WDR-Bühne bestätigten das.

Mit Freunden macht es am meisten Spaß. Lokalzeit-Stadtgespräch

Doch wie motiviert man seine Kinder, wollte Moderator Ralph Erdenberger von der Glückslehrerin wissen. "Ich plane gerade einen Glücksweg: einen Wanderweg, den die Eltern mit ihren Kindern gehen können, wo Aktion stattfindet", antwortete Sticht. "Es soll ein Erlebnisparcours sein, der Bewegungsreize setzt, mit Hindernissen. Es müssen Abenteuer dabei sein, aber auch Erfolgserlebnisse."

Mehr öffentliche Räume für Sport gefordert

Kinder müssen wieder eine wichtige Zielgruppe für Sport werden, machte auch Mathias Hornberger deutlich und forderte auch Politik und Verwaltungen zum Handeln auf: "Schulhöfe sind oft nicht offen. Die Schul-Aula steht oft leer. Hier muss gehandelt werden."

Gleichzeitig sollten Erwachsene die vielen Angebote wahrnehmen, die es außerhalb der Vereine gibt: "Zum Beispiel Sport im Park, was es vielerorts gibt."

Das Übergewicht und das Alter dürften dabei kein Hindernis sein, machte Doc Esser deutlich: "Dick und fit ist deutlich gesünder, als wenn man unbedingt gleich Gewicht abnehmen will." Und auch mit 70 oder 80 Jahren könne man noch anfangen. Sport helfe immer, auch mit schweren Krankheiten wie Krebs klarzukommen.

Wer im Training bleibt, kommt besser mit Nebenwirkungen klar. Doc Esser

Sport hilft in jedem Alter – aber Vorsicht: nicht zu viel

Jeder und jede müsse sich dazu eben die Sportart suchen, die zu einem passt. "Aber zuviel kann auch falsch sein", so Doc Esser: "Man sollte die Grenzen kennen. Nach Läufen ist zum Beispiel auch Regeneration angesagt. Wenn ich mich übertrainiere, steigt das Verletzungsrisiko, auch das Risiko zu erkranken und zu ermüden."

Quelle:

  • WDR-Reporter vor Ort
  • WDR Lokalzeit Stadtgespräch

Stadtgespräch aus Paderborn: Thema: Frühling und Fitness

Lokalzeit Stadtgespräch 19.04.2025 54:19 Min. Verfügbar bis 19.04.2027 WDR 5


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