Ärger in Roetgen: Kann der Artenschutz den Hochwasserschutz aufhalten?

Stand: 31.01.2025, 10:42 Uhr

Der Fund seltener Moosarten könnte für Verzögerungen beim Hochwasserschutz in der Gemeinde Roetgen sorgen. Seit 18 Jahren sind zwei Regenrückhaltebecken in Planung, immer wieder gab es Hindernisse. Jetzt muss die Bezirksregierung Köln entscheiden: Hochwasserschutz oder Artenschutz - oder gibt es noch eine andere Lösung? 

Von Stefanie Rhein

Irgendwo am Ufer der Vicht ist es gefunden worden - das Lappländische Kluftmoos und das Lebermoos. Es sind geschützte Arten, die vom Aussterben bedroht sind. Diese Meldung über den Fund könnte den Bau von zwei Regenregenrückhaltebecken bei Roetgen weiter verzögern.

Der Landtagsabgeordnete Stefan Kämmerling aus Eschweiler (SPD) hat jetzt die 10. Kleine Anfrage an den Landtag gestellt: Wie ist der Stand der Dinge? Vergangenen Herbst hieß es: Es gibt es keine Hindernisse mehr. Jetzt ist klar: Das Moos könnte doch zur Hürde werden.

Regenrückhaltebecken sollen bei Starkregen schützen

"Wir haben im Jahr 2021 in NRW eine Flut erlebt, in der 49 Menschen gestorben sind. Und es gab milliardenschwere Schäden", sagt SPD-Politiker Kämmerling. "So eine kleine Fläche Moos, so sehr sie auch wertgeschätzt ist - darf ein solches Vorhaben nicht aufhalten.

Ein größeres und ein kleineres Rückhaltebecken sind geplant. Seit 2007 sind sie in der Planung, immer wieder gab es Hindernisse. Die Flut 2021 traf Stolberg und Eschweiler schließlich so hart, dass schnell klar war: jetzt muss das Verfahren beschleunigt werden. Warum tut sich also nichts? Das fragte Stefan Kämmerling im Sommer 2024 und bekam damals aus dem Landtag die Antwort, es gäbe nur noch fachliche und juristische Fragen zu klären. 

Moos wurde schon 2009 erwähnt

"Wir wissen heute, dass in einer Bürgerversammlung 2023 die Behörden darauf hingewiesen worden sind, dass es dieses Moos gibt", sagt Kämmerling. "Weiterhin wissen wir, dass das offensichtlich 2009 erstmals erwähnt wurde und da schon bekannt war."

Die Frage sei also, warum diese Info zwischen 2009 und 2024 verloren gegangen sei. "Und warum von 2023 bis heute das Moos kein Thema mehr war, das weiß ich auch nicht. Das hört sich aber alles nicht gut an", kritisiert der SPD-Politiker. 

Warum gibt es nach 18 Jahren Planung immer noch Unstimmigkeiten? 

Der Bauherr ist der Wasserverband Eifel-Rur. Der muss eine Artenschutzprüfung machen. Das Verfahren liegt zur Genehmigung bei der Bezirksregierung Köln. Diese gibt keine Auskunft zu Details. Aber warum ist in der Zwischenzeit von 2009 bis 2024 offenbar nichts mit dieser Information passiert?

NRW-Umweltminister Oliver Krischer von den Grünen sagt, man könne sich als Ministerium nicht "um jede einzelne Maßnahme" kümmern. "Wir haben irgendwann gehört, dass möglicherweise eine Neuplanung droht. Wir haben dann mit dem Wasserverband Eifel-Rur und mit der Bezirksregierung besprochen, dass bei dem kleineren Becken die Planung modifiziert wird, weil es noch eine Naturschutzfrage gibt", sagt Krischer. Das habe man "im Einklang mit dem Recht gelöst". Das Verfahren sei geklärt, die Regenrückhaltebecken könnten gebaut werden, so Krischer.

Artenschutz contra Hochwasserschutz - wie kann eine Lösung aussehen? 

Für das kleinere Becken gab es eine erneute Offenlage, die Einwendungsfrist endet am 10. Februar. Die Zeit drängt, es braucht eine Lösung. "An der Vicht haben wir es so gelöst, dass wir das Moos an eine andere Stelle bringen - fachlich gut geprüft - und damit auch dem Naturschutz Rechnung tragen", sagt Umweltminister Krischer.

Einige Vorbereitungen vor Ort beginnen schon. Ob es tatsächlich noch zur einer Verzögerung für das kleine Becken kommt, zeigt sich in den nächsten Wochen, wenn die Einspruchsfrist für den Plan beendet ist.

Unsere Quellen:

  • Gespräch mit SPD-Politiker Stefan Kämmerling
  • Gespräch mit NRW-Umweltminister Oliver Krischer

Über das Thema berichten wir am 31.01.2025 auch im Radio auf WDR 2 und um 19.30 Uhr im WDR-Fernsehen.