In Köln gibt es rund 40.000 Sozialwohnungen - zu wenig.

In NRW drohen höhere Mieten wegen weniger Sozialwohnungen

Stand: 05.02.2025, 14:29 Uhr

Für Menschen in NRW könnte es laut einer Studie deutlich schwerer werden, eine Sozialwohnung zu finden. Demnach drohen in Großstädten höhere Mieten. NRW-Bauministerin Scharrenbach sieht hingegen einen "Förderboom".

Von Martin TeiglerMartin Teigeler

Laut einer am Mittwoch vorgestellten Untersuchung des Pestel-Instituts verfügte NRW 2023 mit knapp 427.000 über deutlich mehr Sozialwohnungen als andere Bundesländer. 160.000 davon fallen laut Studie jedoch bis 2030 aus der Mietpreisbindung. NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) sieht hingegen einen positiven Trend.

Scharrenbach betont das Positive

Die Ministerin kritisierte bei der Vorstellung der Wohnraumförder-Statistik für 2024 "negative" Prognosen und "martialische" Überschriften alle paar Monate mit unterschiedlichen Zahlen. Bei manchen Darstellungen frage sie sich: "Kann mal jemand das Licht anmachen?"

Ministerin Ina Scharrenbach

Ministerin Ina Scharrenbach (CDU) verteidigte ihre Bilanz bei den Sozialwohnungen

Auf die Frage, ob sie die Zahl von 160.000 wegfallenden Sozialwohnungen anzweifelt, sagte die Ministerin: Bei Wohnungsbeständen, die aus der Sozialbindung fallen, arbeite man daran, dass die Bindung verlängert werde. "Stetig" wolle man wegfallende Wohnungen ersetzen.

Im letzten Jahr hatte Scharrenbach von einem "Förder-Wow" in NRW gesprochen, diesmal sagte sie "Förderboom". Im öffentlich geförderten Mietwohnungsneubau wurden 2024 nach ihren Angaben 6.726 Wohneinheiten geschaffen - exakt genau so viele wie 2023 (die Zahlen im Detail). Der Mieterbund fordert, dass in NRW mindestens 20.000 Sozialwohnungen neu gebaut werden müssten - Jahr für Jahr.

Wo Mieten weiter ansteigen könnten

Pestel-Studienleiter Matthias Günther rechnet wegen wegfallender Sozialwohnungen mit Konsequenzen für Wohnungssuchende in NRW: "Wir laufen Gefahr, dass die fehlenden Sozialwohnungen das Mietpreisniveau weiter nach oben treiben." Das gelte vor allem für wirtschaftliche starke Städte wie Düsseldorf, Bonn, Köln, Münster, Bielefeld oder Gütersloh. 

Allein in Nordrhein-Westfalen müssten laut der Studie bis Ende des Jahrzehnts über 172.000 neue Sozialwohnungen gebaut werden. Fakt ist zudem: In den ersten neun Monaten des Jahres 2024 ging die Zahl der Baugenehmigungen neuer Wohnungen um acht Prozent zurück in NRW, wie das Statistische Landesamt IT.NRW mitgeteilt hatte. Das war seit 2012 das niedrigste Ergebnis für die ersten neun Monate eines Jahres.

Kritisiert wurde erneut, dass der Bestand an Sozialwohnungen sinkt und gleichzeitig zu wenige bezahlbare Wohnungen neu gebaut werden. Bundesweit fehlen der Studie zufolge insgesamt rund 550.000 Wohnungen. Das Pestel-Institut hat die Wohnungslücke im Auftrag des Bündnisses "Soziales Wohnen" auf Basis des Zensus 2022 errechnet.

Claudia Hillenherms von der landeseigenen Förderbank NRW.Bank räumte ein, dass sich Bearbeitungszeiten bei Förderanträgen für Wohnungsprojekte verlängert hätten. Dies liege unter anderem daran, dass es mehr Neukunden mit mehr Beratungsbedarf gebe. Den teils öffentlich erweckten Eindruck, bei den zuständigen Behörden würden Mitarbeiter nur Däumchen drehen, wies Bauministerin Scharrenbach aber zurück. "Unsere Daumen rotieren", betonte sie.

Behörden wählen aus

Den WDR hatte zum Beispiel die Kritik eines Unternehmers erreicht, der seit Monaten auf eine Genehmigung für ein Bauprojekt mit geplanten Sozialwohnungen wartet. Nach eigenen Angaben ist der Unternehmer bereit, das Risiko eines Baubeginns auch ohne Förderzusage zu tragen.

Warum dürfen solche Bauprojekte trotz dringend benötigten Wohnraums nicht starten? Angesichts der Zunahme der Anträge könnten die Behörden mittlerweile "endlich positiv auswählen" zwischen verschiedenen Bauvorhaben, sagte Scharrenbach. Da gehe es dann um die Architektur, Qualität und auch um die Frage, ob ein Projekt in das jeweilige Viertel passe.

Die SPD im Landtag kritisierte die "Jubel-Arie" der Ministerin. Seit Jahren habe Scharrenbach bei ihrer Kernaufgabe versagt, sagte der SPD-Bauexperte Sebastian Watermeier. Die Zahl von 6.726 neuen öffentlich geförderten Wohneinheiten sei "angesichts des enormen Bedarfs der Menschen an bezahlbarem Wohnraum mehr als enttäuschend".

Unsere Quellen:

  • Pressekonferenzen Pestel und Ministerin in Livestreams
  • eigene Recherchen
  • Nachrichtenagentur dpa
  • SPD-Fraktion laut Mitteilung

Über dieses Thema berichten wir auch im WDR-Hörfunk am 05.02.2025.