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Landeshaushalt: Im Schatten der "Schwarzen Null"

Stand: 17.10.2023, 17:45 Uhr

CDU und Grüne in NRW haben versprochen: Sie wollen ohne neue Schulden auskommen. Doch Forderungen nach einer Lockerung der Schuldenbremse werden lauter – auch von ungewohnter Stelle.

Von Landespolitik-Redakteur Wolfgang OttoWolfgang Otto

Es vergeht in diesen Zeiten wohl kaum ein Tag, in dem die schwarz-grüne Landesregierung nicht mit neuen Geldforderungen konfrontiert wird. Ganze Wirtschafts-Branchen ächzen unter der Last steigender Preise, ebenso Vereine, Wohlfahrtsverbände und die Bildungseinrichtungen. Doch meistens müssen die Kabinetts-Mitglieder von CDU und Grünen dann mit den Achseln zucken. Ihr Problem: Im nächsten Jahr darf die Landesregierung keine Kredite mehr aufnehmen, um zusätzliche Ausgaben zu begleichen.

Erstmals gilt dann die Schuldenbremse aus dem Grundgesetz - ohne Ausnahme.

Bisher war das anders: Seit 2020 konnte sich das Land auf die Ausnahme-Regeln des grundgesetzlichen Schuldenverbots berufen – zunächst wegen der Corona-Pandemie, dann wegen des russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Doch ab dem nächsten Jahr sind diese Sondertöpfe geschlossen.

"Sparhaushalt" für 2024

Erschwerend hinzu kommt: Im nächsten Jahr wachsen krisenbedingt die Steuereinnahmen weit weniger stark als geplant. Ergebnis: Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) hat den Etat für das nächste Jahr zum "Sparhaushalt" erklärt. Die meisten Ressorts bekommen nicht mehr Geld als bisher, einige sogar weniger. Einzige Ausnahmen: Bei Kitas und Schulen will die Landesregierung nicht sparen, der Bildungs-Etats wächst als gäbe es keine Haushalts-Klemme.

In den Haushaltsberatungen führt der Spar-Zwang zu viel Frust bei den Betroffenen. Vor allem bei den kommunalen Spitzenverbänden. Das Ziel der "schwarzen Null" im Landeshaushalt dürfe "nicht auf dem Rücken der Kommunen" erreicht werden, schreiben die Vertreter der Städte und Gemeinden im Land in ihrer Stellungnahme zum Landeshaushaltsentwurf. Bleibe es bei der bisherigen Finanzausstattung drohten in vielen Kommunen höhere Steuern oder höhere Schulden.

Landesrechnungshof kritisiert geplante Maßnahmen

Der Landesrechnungshof kritisiert zudem einige Manöver, mit denen der Finanzminister im nächsten Jahr den Haushalts-Ausgleich schafft: Da werden Rücklagen aufgelöst, ungewisse Mehreinnahmen und Minderausgaben verbucht und der Pensionsfonds des Landes angezapft.

Das seien aber nur "Sondereffekte", mit denen die Einnahmesituation des Landes "nicht nachhaltig und verlässlich verbessert" würde, monieren die Kassenprüfer der Landesregierung.

Wirtschaftsforschungsinstitut zeigt Wege zur legalen Schulden auf

Ein Fingerzeig auf einen möglichen Ausweg aus der Finanzklemme kommt jetzt von ungewöhnlicher Stelle: Das arbeitgeber-nahe Wirtschaftsforschungsinstitut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) weist den Finanzminister auf Möglichkeiten hin, wie er doch noch legal Schulden machen könnte. Rund 800 Millionen Euro seien im nächsten Jahr erlaubt, rechnen die IW-Forscher Tobias Hentze und Björn Kauder vor. Diesen Spielraum lässt die Schuldenbremse in wirtschaftlich schlechten Jahren. Mehr noch: Bei einer nur leichten Lockerung der Schuldenregel könnten im nächsten Jahr zusätzlich sogar knapp 1,4 Milliarden Euro neue Kredite aufgenommen werden.

Dass die Arbeitgeber-Seite die schwarze Null im Landeshaushalt in Frage stellt, ist neu. Dagegen fordern die Gewerkschaften die Abkehr vom Sparzwang schon lange. Erst kürzlich haben sie der Landesregierung Vorschläge unterbreitet, wie sie die Schuldengrenzen ganz legal umgehen könnte: Indem die neuen Kredite nicht im Haushalt, sondern über landeseigene Betriebe aufgenommen werden.

Ob Schwarz-Grün nach dem rettenden Strohhalm greift? Bisher deutet noch nichts darauf hin. In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich Christdemokraten und Grüne noch auf „Haushalte ohne neue Schulden“ verpflichtet. Doch die Stimmungslage im Regierungs-Kabinett könnte kippen. Im November steht die neue Steuerschätzung für das nächste Jahr an. Der allgemeinen Erwartung nach, wird sie schlechter ausfallen als die letzte Prognose vom Mai. Dann würde es noch schwieriger, die „schwarze Null“ im Haushalt zu schaffen.