Was hilft im Kampf gegen Clankriminalität?
Stand: 06.12.2024, 16:46 Uhr
Hat die Landesregierung im Kampf gegen Clankriminalität versagt? Oder setzt sie die richtigen Schwerpunkte? Der Landtag debattierte.
Von Rainer Striewski
Soviel ist klar: Die Zahl der bekannten Straftaten mit Clanbezug ist im letzten Jahr in NRW gestiegen. Das geht aus dem Lagebild Clankriminalität des Landeskriminalamts (LKA) hervor, das vergangene Woche veröffentlicht wurde. Demnach gab es in dem Bereich 7.000 Straftaten, knapp sieben Prozent mehr als im Vorjahr.
Über die Bedeutung der Zahl gibt es hingegen verschiedene Ansichten und Diskussionen - am Freitag nun auch im Landtag NRW. Die AfD hatte eine Aktuelle Stunde zum Thema beantragt. Dabei warf ihr Fraktionschef Markus Wagner der Landesregierung Versagen im Kampf gegen Clankriminalität vor, aber auch Vertuschung und Verheimlichung. Denn Clans etwa aus Syrien oder dem Irak würden im Lagebild überhaupt nicht erfasst, die veröffentlichten Zahlen deswegen nicht stimmen, so sein Vorwruf.
Vom Dunkel- ins Hellfeld
Dass die Aussagekraft der Zahlen problematisch sei, betonte auch Christos Katzidis (CDU), allerdings nicht im Sinne der AfD: "Es gibt ein Hellfeld. Das sind die Straftaten, die den Sicherheitsbehörden bekannt werden", führte Katzidis aus. "Und es gibt ein Dunkelfeld. Das sind alle Straftaten, die den Sicherheitsbehörden nicht bekannt werden. Wenn jemand durch die Gegend läuft und behauptet, wir hätten einen erheblichen Kriminalitätsanstieg, dann kann das keiner valide und nachweislich sagen", erklärte er.
Delikte wie Menschenhandel oder Schleuserkriminalität seien Delikte, die mit der guten Arbeit der Polizei vom Dunkelfeld ins Hellfeld verschoben werden. Der Polizei attestierte er deswegen "herausragende Arbeit" in diesem Bereich.
Strategie der "1.000 Nadelstiche"
"Ja, noch immer gibt es diese Kriminalität in Nordrhein-Westfalen, denn Probleme, die über Jahrzehnte gewachsen sind, lassen sich nicht in wenigen Jahren wegradieren", bekannte Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU), der Innenminister Herbert Reul in der Debatte vertrat. Der bisherige Kampf trage aber Früchte: "Nordrhein-Westfalen ist schon längst kein Selbstbedienungsladen für Clankriminelle mehr", so Laumann.
In seinen Ausführungen verwies er auf die Strategie der "1.000 Nadelstiche" im Kampf gegen die Clankriminalität, betonte aber auch die Bedeutung ausreichender Finanzmittel der Ermittlungsbehörden sowie eine Stärkung der Prävention.
Von einer "bitteren Bilanz" sprach hingegen die SPD-Opposition. Polizei und Justiz seien in NRW nicht ausreichend im Kampf gegen Clankriminalität gewappnet. "Laut Expertenschätzung braucht es allein zur wirksamen Bekämpfung der organisierten Kriminalität und Clankriminalität über 1.000 zusätzliche Beamtinnen und Beamte. Diese Stellen fehlen bereits seit vielen Jahren", kritisierte Benedikt Falszewski (SPD).
Dabei bemängelte er auch einen seiner Ansicht nach fehlenden Fokus auf Prävention. "Prävention ist der Schlüssel, um den Nachwuchs für kriminelle Clans auszutrocknen", so Falszewski. Doch das fehle seit Jahren in der Strategie des Innenministers.
FDP fordert mehr Personal
NRW wäre "ein Eldorado für Kriminelle", erklärte Marc Lürbke (FDP). Auch er kritisierte - wie die AfD - das Fehlen von Gruppen etwa aus Syrien im Lagebild Clankriminalität. "Warum werden diese nicht ins Lagebild aufgenommen?" fragte er im Landtag. Gleichzeitig forderte er eine massive Stärkung von Kriminalpolizei und Justiz sowie "mehr Schlagkraft auch gegen die Hintermänner, die die Fäden im Verborgenen ziehen", so Lürbke.
Umstrittener Begriff
Der Begriff der Clankriminalität ist in der Wissenschaft umstritten. "Man sollte den Begriff nicht verwenden, weil er den Eindruck erweckt, dass ganze Familien, ganze Gruppen unserer Gesellschaft kriminell sind. Und das trifft nicht zu", sagte der Bochumer Kriminologe Thomas Feltes in einem ARD-Interview. Das LKA ordnet Straftaten mit einer "namensgebundenen Recherche" der Clankriminalität zu.
Unsere Quellen:
- Debatte im Düsseldorfer Landtag
- Lagebild Clankriminalität NRW 2023
- ARD-Interview mit Thomas Feltes