Galeria Kaufhof Karstadt: Schleichender Niedergang der Warenhäuser?
Stand: 02.11.2022, 11:31 Uhr
Die Warenhauskette Galeria Kaufhof Karstadt steht erneut vor der Pleite. Eine Krise, die seit Jahren andauert. Ist es der Niedergang eines Geschäftsmodells, das aus der Zeit gefallen ist?
Von Timo Landenberger
Es sieht nicht gut aus für Deutschlands letzten großen Warenhauskonzern: Galeria Kaufhof Karstadt steht vor der Pleite und sucht Rettung in einem Insolvenzverfahren. Dutzende Kaufhäuser stehen vor dem Aus, tausende Mitarbeiter bangen um ihre Jobs. Schon wieder.
Bereits als die beiden Ketten noch Konkurrenten waren gab es regelmäßige Sanierungsversuche. Immer wieder wurde neues Geld vom Staat beantragt oder Gläubiger sollten auf ihr Geld verzichten, um den endgültigen Bankrott der Häuser zu verhindern. Mit seinem damaligen Mutterkonzern Arcando war Karstadt 2009 erstmals in die Insolvenz gerutscht. Der Beginn einer langen Krise.
Die Fusion mit Galeria Kaufhof im Jahr 2019 versprach neuen Aufwind, doch schon 2020 meldete der Konzern erneut Insolvenz an. Seither hat das Traditionsunternehmen zweimal aufgrund der Corona-Pandemie um staatliche Unterstützung gebeten. Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) griff mit insgesamt 680 Millionen Euro unter die Arme.
Keine weiteren Steuer-Millionen
Am Montag hat sich die Warenhauskette mit ihren Gläubigern und dem staatlichen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) nun auf ein sogenanntes Schutzschirmverfahren geeinigt. Gemeint ist ein Prozess, bei dem das Unternehmen die Sanierung unter Aufsicht eines externen Sachverwalters selbst durchführt.
Vorteil: Es fließen zunächst keine weiteren Steuer-Millionen in die Rettung des Konzerns. Nachteil: Der Ausgang ist ungewiss, insbesondere für die über 17.000 Beschäftigten in den derzeit 131 Warenhäusern.
Ist es der schleichende Niedergang eines Geschäftsmodells, das aus der Zeit gefallen ist? Die WDR-Community scheint sich hier einig zu sein: "Das Warenhauskonzept hat sich wohl überlebt. Das neue Warenhaus ist das Internet, wo man alles bekommt und es nach Hause geliefert wird", schreibt ein Nutzer und an anderer Stelle heißt es: "Dann doch besser einen direkten Schlussstrich ziehen ist doch sonst ein Fass ohne Boden, leider."
Gutachten: negative Auswirkungen auf ganze Branche
Doch was passiert, wenn Deutschlands größte Warenhauskette seine Türen schließt? Das Branchenmagazin Business Insider berichtet über ein Gutachten der Universität St. Gallen, das für diesen Fall eine düstere Prognose abgibt. Dem Papier zufolge würde eine Schließung sämtlicher Standorte die ohnehin fortschreitende Verödung der Innenstädte enorm beschleunigen. So geht das Gutachten von durchschnittlich 37 Prozent weniger Fußgängern aus. Insbesondere in kleineren und mittleren Städten mit Galeria-Standort gilt dieser oft als wichtigster Anziehungspunkt.
Das Aus der Kette hätte laut Gutachten entsprechend negative soziale und wirtschaftliche Auswirkungen auf die gesamte Branche und könne indirekt zum Verlust von bis zu 130.000 Arbeitsplätzen führen.
"Die Städte sind wegen drohenden weiteren Schließungen von Filialen bei Galeria alarmiert", bestätigt auch Thomas Kufen, Vorsitzender des Städtetages NRW. "Die großen Kaufhäuser ziehen nach wie vor viele Menschen in die Innenstädte. Sie haben entscheidenden Einfluss für andere Händler und die Gastronomie und deren Beschäftigte."
Handelsverband für Staatskredit
Der Handelsverband Deutschland (HDE) hatte sich für einen Staatskredit statt für das Insolvenzverfahren ausgesprochen. "Wir halten es für richtig, dass ein Unternehmen, das so viel Bedeutung für unsere Innenstädte hat, jetzt unterstützt wird", sagte HDE-Geschäftsführer Stefan Genth.
Das wäre allerdings bereits das dritte Mal innerhalb von weniger als zwei Jahren. "Wenn ein Unternehmen dreimal hintereinander Staatshilfe beantragen muss, zeigt das, dass der Laden nicht zu retten ist. Das ganze Konzept des Warenhauses hat sich überlebt und man sollte es beerdigen", sagt der Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein.
Die Beschäftigten von Galeria Kaufhof Karstadt dürften das nicht gerne hören. Andererseits scheint es laut HDE um den Arbeitsmarkt im Einzelhandel weniger schlecht bestellt zu sein, als befürchtet. Trotz Digitalisierung und Pandemie sei die Beschäftigung über die vergangenen Jahre weiter angestiegen, teilt der Handelsverband mit und beruft sich auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. Und der Nachwuchs-Mangel macht sich auch in der Branche bemerkbar, Fachkräfte werden mit offenen Armen empfangen.