Eingestürzt ist in der Nacht auf Mittwoch ein noch unsanierter Teil der Carolabrücke, auf dem auch die Straßenbahn fährt. Beinahe kam es zur Katastrophe: Nur 18 Minuten vor dem Teileinsturz hatte die letzte Straßenbahn die Elbbrücke in Dresden passiert. Um 3.08 Uhr stürzte sie teilweise ein. Es bestehe weiterhin akute Einsturzgefahr, teilte die Stadtverwaltung mit. Man solle der Brücke möglichst fernbleiben.
Sorge wegen erwartetem Hochwasser
Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) betonte am Mittwoch, dass die Sicherheitsarbeiten jetzt höchste Priorität hätten. Mit Blick auf ein für die nächsten Tage erwartetes mögliches Hochwasser an der Elbe seien Trümmerteile zu sichern, damit sie keine Gefahren für Menschen oder andere Bauwerke bringen.
Korrosion durch Chloride?
Die Polizei geht von einem Unglück aus. Hinweise auf Fremdeinwirkung gebe es bisher nicht, hieß es.
Der Einsturz könnte durch Korrosion ausgelöst worden sein. "Wir haben hier zu DDR-Zeiten massiven Chlorid-Eintrag gehabt", sagte Holger Kalbe, Abteilungsleiter Brücken- und Ingenieurbauwerke bei der Stadt Dresden. An der Stelle, wo das Brückenteil in der Nacht einbrach, habe ein Mast der Verkehrsbetriebe gestanden. Es sei denkbar, "dass an der Stelle massiv die Chloride eingedrungen sind und dort im Inneren der Brücke zu einer Korrosion geführt haben", sagte Kalbe.
Die Chloride gehen laut MDR auf im Winter verstreutes Streusalz zurück. Die Chloride seien in die Konstruktion eingedrungen und könnten die Spannelemente erreicht haben.
Diskutiert wird auch eine andere mögliche Ursache: Es könnte eine Korrosion gegeben haben, die durch einen Spannungsriss eingeleitet wurde. Beides sei noch reine Vermutung.
NRW-Bau-Experte: Marode Brücken überall in Deutschland
Heinrich Bökamp, Präsident der Ingenieurkammer Bau NRW, kennt das Problem mit maroden Brücken in Deutschland. "Viele Brücken sind in die Jahre gekommen", sagte er am Morgen dem WDR. Prävention habe man verpasst. Die Folge, so Brökamp:
Viele Brücke hätten Risse, das Risiko sei bundesweit gleich. "Man muss der Politik auch klarmachen, dass die das Thema Sicherheit der Brücken nicht als Sparpotenzial nutzen können, sondern dass man jetzt da mit Volldampf dran muss."
Seine Forderung: Man müsse die am meisten geschädigten Brücken im Auge behalten "und die eine oder andere Brücke schneller sperren."
Carolabrücke eine der zentralen Verkehrsadern in Dresden
Die Carolabrücke ist eine von vier innerstädtischen Brücken, die in Dresden die beiden Elbufer verbinden. Auf drei Brückenzügen verkehren Kraftfahrzeuge, Straßenbahnen, Fahrradfahrer und Fußgänger. Die Carolabrücke ist damit eine der zentralen Verkehrsadern in der sächsischen Landeshauptstadt über den Fluss. Der gesamte Bereich um die Carolabrücke, die Alt- und Neustadt in Dresden verbindet, ist für den Verkehr gesperrt, ebenso die Elbe selbst.
Fernwärmeversorgung unterbrochen
Am Brückenkopf auf der Altstadtseite habe es einen "massiven" Austritt von Heißwasser aus zwei Fernwärmeleitungen gegeben, so die Feuerwehr. Das ausströmende Wasser setzte Teile des Terrassenufers komplett unter Wasser. Zunächst fiel im gesamten Stadtgebiet die Fernwärme aus. Nach und nach versuchte der zuständige Energieversorger die einzelnen Stadtteile wieder ans Netz zu bringen.
Brücke war teilweise frisch saniert
Die 1971 fertiggestellte Carolabrücke überführt mit drei Brückenzügen die Bundesstraße B 170, städtische Straßenbahn und die Straße am Terrassenufer über die Elbe. Der eingestürzte Brückenzug sollte im nächsten Jahr saniert werden. Andere Teile der Brücke waren erst im März 2024 nach einer monatelangen Sanierung für den Verkehr freigegeben worden. Das schreibt die Stadt Dresden auf ihrer Internetseite.
Unsere Quellen:
- Feuerwehr Dresden
- Interview mit Heinrich Bökamp, Präsident der Ingenieurkammer Bau NRW
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP und epd
- Stadt Dresden
- MDR