Qualitativ gut und innovativ - wie gut sind die E-Autos aus China?

Stand: 23.04.2025, 13:22 Uhr

Die chinesischen Hersteller von E-Autos drängen auf den deutschen Markt. Wie gut sind BYD und Co und worauf muss ich achten?

Von Oliver Scheel

Kommentieren

China ist für die deutsche Autoindustrie ein wichtiger Absatzmarkt - aber die Chinesen schicken sich auch an, den europäischen Markt zu erobern. Vor allem in der Elektromobilität gehen die Produkte aus China innovativ voran. Noch ist der Bekanntheitsgrad der chinesischen Marken überschaubar - aber das könnte sich bald ändern. Ist der Kauf eines chinesischen E-Mobils also eine gute Idee?

Sind die chinesischen Modelle zuverlässig?
Mit welcher Strategie kommen die Autos aus Fernost auf den deutschen Markt?
Wo haben die chinesischen Hersteller noch Probleme?
Welche Marken werden wir in Deutschland erleben?
Worauf muss ich beim Kauf eines Autos aus Fernost achten?
Deutsche Zulieferer könnten auch profitieren

Sind die chinesischen Modelle zuverlässig?

Auto-Experte Stefan Bratzel, Direktor und Gründer des "Center of Automotive Management" (CAM) in Bergisch Gladbach, sieht die chinesischen E-Autos tatsächlich auf der Überholspur: "Wir erkennen, dass die chinesischen E-Autos qualitativ besser und innovativer geworden sind. Das kann man klar sagen, da gibt es immer weniger Unterschiede, die Hersteller befinden sich teilweise auf gleichem Niveau wie die europäischen Marken", so der Experte im Gespräch mit dem WDR. Auch in den Tests des ADAC haben die chinesischen Fahrzeuge gut abgeschnitten.

Mit welcher Strategie kommen die Autos aus Fernost auf den deutschen Markt?

Stefan Bratzel, Direktor des CAM in Bergisch Gladbach | Bildquelle: picture alliance / teutopress

Anfangs, so Bratzel, hätten es die Marken zunächst versucht, mit teuren Modellen in den Markt zu kommen. "Das hat nicht geklappt oder nur schlecht funktioniert. Die Markteintrittsstrategie muss sich anpassen, das könnte am Ende ähnlich sein wie bei Hyundai und Kia damals. Es wird ein qualitativ hochwertiges Produkt zu günstigen Preisen angeboten". Die Strategie sei ein verlässliches Produkt gepaart mit einem attraktiven Preis.

Dafür würden die Firmen auch auf hohe Margen verzichten: "Das ist dann nicht drin." Zunächst müssten die Marke bekannt gemacht und die Vorbehalte in der Bevölkerung ausgeräumt werden. "Das geht über Preis und Qualität. Dass man da anfangs Verluste schreibt, ist auch nicht völlig ungewöhnlich", so Bratzel.

Beatrix Keim, Automobil-Expertin vom Center Automotive Research (CAR), sieht bei den chinesischen Herstellern auch eine andere Philosophie. "Die Fahrzeuge sind weitaus digitaler, es gibt mehr Komfort und Bequemlichkeit", so Keim. Im Innenraum spiele das eine ganz andere Rolle bei Technologie, Vernetzung und den Entertainmentsystemen.

Chinesische Autos in Deutschland aus WDR 5 - Das Wirtschaftsmagazin WDR Studios NRW 23.04.2025 03:40 Min. Verfügbar bis 23.04.2027 WDR Online

Wo haben die chinesischen Hersteller noch Probleme?

Das vorrangige Problem für die chinesischen Hersteller sieht Bratzel vor allem in der fehlenden Präsenz im Land: "Die Hersteller sind noch nicht so erfolgreich wie sie sich das selbst wünschen. Die Vertriebsnetze sind noch nicht breit entwickelt. Das ist gerade erst im Aufbau", so Bratzel. Man brauche eine deutschlandweite Abdeckung. "Servicenetz und Teileversorgung müssen gewährleistet sein, da gibt es noch Defizite." Derzeit würden die Netze zwar aufgebaut, aber noch fehle das Vertrauen in die Händler. "Wenn man einen Unfall hat und paar Wochen warten muss, muss man die Sicherheit haben, einen Ersatzwagen zu bekommen", gibt Bratzel ein Beispiel aus dem Alltag.

Michael Westerhoff aus der Wissenschaftsredaktion des WDR erklärt, dass die chinesischen Automarken den Vertrieb bisher eher über das Internet abwickelten. "Das ändert sich aber gerade. Great Wall Motors hat in NRW inzwischen 30 Händler." Die gebe es relativ flächendeckend von Paderborn bis Aachen. "BYD hat zwei Showrooms. Einen in Köln und einen in Dortmund. Xpeng ist in Aachen, Düsseldorf und Dortmund vertreten", so Westerhoff.

Welche Marken werden wir in Deutschland erleben?

Der Leapmotor C01 auf der Auto Shanghai | Bildquelle: AFP / Hector Retamal

Laut Bratzel werden sich auf dem europäischen Markt am ehesten die größeren Hersteller aus China durchsetzen. "Es werden einige chinesische Spieler erkleckliche Marktanteile erringen, das werden die größten sein, BYD zum Beispiel." Es gebe auch mehr und mehr Kooperationen. Die Stellantis-Gruppe, zu der Marken wie Citroen, Peugeot und Opel gehören, sei eine Kooperation mit Leapmotor aus China eingegangen, einem Hersteller mehrerer Elektro- und Hybridfahrzeuge. Volvo gehört mittlerweile zum chinesischen Autohersteller Geely und Geely hat sich auch bei Smart eingekauft. Solche Kooperationen erleichtern den Zugang zum europäischen Markt und sichern auch den Zugang zur bereits bestehenden Infrastruktur. "Auch Xpeng fängt jetzt in Europa an", erläutert Bratzel. "Xpeng baut größere und teurere SUVs", ergänzt Westerhoff.

Worauf muss ich beim Kauf eines Autos aus Fernost achten?

"Wer ein chinesisches Auto kauft, sollte unbedingt fragen, wie die Ersatzteil-Versorgung funktioniert und ob die Marke eine Werkstatt in der Nähe hat", rät Westerhoff. Sollten die Ersatzteile per Schiff aus China kommen, könne das leicht mehrere Wochen dauern. Bratzel würde Leasing einem Kauf vorziehen: "Es ist ein gewisses Risiko, wenn ich eine Marke kaufe, die noch nicht auf dem Markt etabliert ist und vielleicht wieder verschwindet. Die Empfehlung wäre da eindeutig das Leasing, vielleicht für drei Jahre, dann sollte man auf der sicheren Seite sein", so der Automobil-Experte. Qualitativ müsse man sich aber keine Sorgen machen, das sehen sowohl der ADAC als auch die Experten und Expertinnen gleichermaßen so.

Deutsche Zulieferer könnten auch profitieren

Sollten die chinesischen Hersteller wirklich mit Macht auf den deutschen Markt drängen, dann ist das auch eine Chance für den in die Bredouille geratenen Zweig der Autozulieferer hierzulande. "Ohne die Zulieferer können auch die Chinesen im Elektrobereich nicht arbeiten", sagt Keim. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Hersteller in Europa produzieren "aufgrund der Kostenvorteile bzw. der Zollnachteile", so Keim. Sie wären dann auf Zulieferer angewisen, die "lokal günstiger und schneller produzieren".

Unsere Quellen:

  • Gespräch mit Automobil-Experte Stefan Bratzel vom CAM
  • WDR-Morgenecho: Gespräch mit Beatrix Keim, Automobil-Expertin von CAR
  • Gespräch mit WDR-Wissenschafts-Journalist Michael Westerhoff
  • Agentur dpa

Kommentare zum Thema