"Heute Abitur" steht auf einer Tafel im Klassenzimmer eines Gymnasiums

Abi in NRW: Woher Prüfungsangst kommt und was sich dagegen tun lässt

Stand: 28.04.2025, 19:05 Uhr

In NRW beginnen heute die Abi-Prüfungen. Für viele ist das purer Stress, sie haben Prüfungsangst. Wie die entsteht und was man dagegen machen kann.

Vielleicht habt ihr das auch schon mal erlebt: Eine wichtige Klausur steht an und plötzlich ist alles Gelernte weg. Das Herz rast, ihr schwitzt und nichts geht mehr. Dann habt ihr wahrscheinlich Prüfungsangst. Damit seid ihr aber nicht allein.

Prüfungsangst ist weit verbreitet, vor allem bei jungen Menschen in der Schule und in den Unis. Laut einer Studie der Internationalen Hochschule Erfurt aus dem Jahr 2022 hatten neun von zehn Deutschen schon mal Prüfungsangst.

Woher kommt Prüfungsangst?

Dr. Nady Mirian

Psychotherapeutin Nady Mirian

Prüfungsangst ist ein Gefühl, das verschiedene Ursachen haben kann. Die eine ist, dass man schon mal mitbekommen hat, dass jemand eine Prüfung nicht bestanden hat. sagt Kinder- und Jugendpsychotherapeutin Nady Mirian, die unter anderem an der Uni Köln lehrt. Eine andere sei eine kognitive Ebene. "Dabei mache ich mir selbst viel Druck und fühle mich nicht gut genug. Dazu kommen schlechte Erfahrungen, die ich selbst bei Prüfungen vorher mal gemacht habe."

Wie zeigt sich Prüfungsangst?

"Wenn man Prüfungsangst hat, hat man Leidensdruck", sagt Psychotherapeutin Nady Mirian. Das Gehirn nehme die bevorstehende Prüfung als Bedrohung wahr. Dabei stellt sich der Körper instinktiv auf diese Angstsituation ein, um darauf reagieren zu können. Dabei schüttet der Körper unter anderem das Stresshormon Cortisol aus. 

Die körperlichen Symptome sind unter anderem:

  • Herzrasen
  • Schwitzen
  • Bauchschmerzen
  • Übelkeit
  • Harndrang
  • Durchfall
  • Appetitlosigkeit
  • Schlaflosigkeit
  • Fieber

Letztlich sind die Symptome individuell und jede(r) geht unterschiedlich damit um. Die einen lernen irgendwann gar nicht mehr, andere zu viel - also ohne Struktur.

Ist Prüfungsangst schlimm?

Nein. "Angst ist erst einmal nichts Schlechtes", sagt Mirian. Angst schütze uns auch und schärfe die Sinne, um Prüfungen erfolgreich zu bewältigen.

"Bei der Prüfungsangst jedoch habe ich Leidensdruck und Symptome, so dass mein Körper Cortisol und Adrenalin im Übermaß produziert. Das kann das auch zu Blackouts führen."

Im schlimmsten Fall entwickeln Betroffene depressive Symptome und können nicht mehr zur Schule oder in die Uni gehen.

Was hilft gegen Prüfungsangst?

Steht die Prüfung kurz bevor, rät Nady Mirian Betroffenen, die Kontrolle über die Angst zurückzugewinnen. Das geht zum Beispiel durch fokussiertes und nicht übermäßiges Lernen, sondern Lernen mit Struktur.

"Wirklich nur zwei Stunden am Tag mit einem realistischen Lernplan. Gucken, welche Stärken und welche Schwächen habe ich. Auf die eigenen Stärken konzentrieren. Auch mit Hilfe von Freunden oder Familienmitgliedern einen Lernplan erstellen."

Zugleich sei es wichtig, sich schon vorher mit dem angstauslösenden Reiz auseinanderzusetzen und schon mal in die Angstsituation zu gehen.

"Man sollte Prüfungen immer simulieren, auch mündliche Prüfungen. Man stellt sich zum Beispiel vor den Spiegel und spricht mit sich selbst, wenn die Eltern gerade nicht da sind. Oder man trägt es direkt Eltern und Freunden vor. Wichtig ist, immer wieder zu üben." Andere Angstlöser seien Entspannungs-Übugen und Stressreduktion.

"Vor der Prüfung vielleicht mal zwei Stationen vor der Schule aus dem Bus aussteigen, etwas Spazierengehen, den Lieblingssong hören. Oder: Nimm deinen Lieblingssong, leg' dich aufs Bett und schließ die Augen. Such dir etwas, wie du dich in deiner Welt entspannen kannst." Psychotherapeutin Nady Mirian

Und in der Prüfung selbst?

Wer merkt, dass er einen Blackout hat, beispielsweise in der mündlichen Prüfung, sollte das sagen. "Ich weiß, das ist sehr schwierig, weil man sich auch schämt, aber das brauchst du nicht. Angst zu kommunizieren ist wichtig für dich und damit deine Prüfer informiert sind. Versuch den Prüfern zu sagen, dass du zwei, drei Minuten brauchst, um dich runterzufahren", sagt Nady Mirian.

Bei schriftlichen Prüfungen gilt das gleiche: Pause einlegen, bewusst atmen und erst einmal mit dem beginnen, was man leicht beantworten kann.

Wie ihr Stress in einer Prüfung nutzen könnt, erfahrt Ihr in diesem Video von Quarks:

Was können Eltern machen?

Die Schülerhilfe hat neun Tipps:

  1. Finden Sie gemeinsam heraus, woher die Prüfungsangst kommt. 
  2. Suchen Sie das Gespräch mit den Lehrern. 
  3. Stärken Sie das Selbstvertrauen Ihres Kindes.
  4. Früh genug mit dem Lernen anfangen.
  5. Die Prüfungssituation üben.
  6. Stress reduzieren / Lernpausen
  7. Keine Vergleiche mit anderen Schülern
  8. Negative Gedanken umwandeln
  9. Suchen Sie das Gespräch mit dem Kind

Und wenn ich die Angst nicht in den Griff bekomme? "Wird der Leidensdruck zu groß, sollte man sich Hilfe suchen", sagt Nady Mirian. Das können speziell ausgebildete Trainer, psychologische Beratungsstellen oder Psychotherapeuten sein. Damit die Prüfung nicht zur Qual wird.

Unsere Quellen:

  • Interview mit Nady Mirian
  • Homepage der Schülerhilfe
  • Zusammenfassung IU-Studie

Über dieses Thema berichten wir am 29.04.2025 auch im Fernsehen, Aktuelle Stunde.

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