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11. August 1861 - Albert Boehringer wird geboren

Stand: 11.08.2016, 00:00 Uhr

Was macht einen Unternehmer zur Legende? Ungewöhnlicher Erfolg und jede Menge Anekdoten. Beides trifft auf Albert Boehringer zu, der 1885 in Ingelheim am Rhein eine kleine Weinsteinfabrik kauft und daraus einen international vernetzten Pharmakonzern macht. Sein Unternehmen führt der Chemiker schwäbisch sparsam. Am Firmentor prüft er bisweilen selbst, ob die Mitarbeiter pünktlich zur Arbeit kommen - und unterscheidet dabei nicht zwischen leitenden Angestellten und Arbeitern. "So traf auch Schwiegersohn Julius Liebrecht der Zorn, als dieser einmal unter den Nachzüglern war und freundlich 'Guten Morgen Vater' sagte", erläutert Michael Siebler, der das Familien- und Firmenarchiv von Boehringer-Ingelheim leitet. Albert Boehringer habe lakonisch geantwortet: "Prokuristen, die zu spät kommen, grüße ich nicht."

Als Boehringer am 11. August 1861 in Stuttgart geboren wird, besitzt sein Vater bereits in zweiter Generation eine Chemie- und Arzneimittelfabrik. Erben kann er die Firma jedoch nicht, dafür ist sein Bruder Ernst vorgesehen. Albert Boehringer studiert Chemie in München und erwirbt mit 24 Jahren dann ein eigenes Unternehmen. Anfangs beläuft sich die Belegschaft auf 28 Mitarbeiter, die Salze der Weinsäure für Apotheken und Färbereien herstellen. Das ist allerdings nicht besonders lukrativ.

Pionier der biotechnischen Massenherstellung

Um seine Produktpalette zu erweitern, versucht Boehringer, die damals bei der Lebensmittelindustrie begehrte Zitronensäure herzustellen. Als 1892 sein Bruder Ernst stirbt, geht jedoch jegliche finanzielle Unterstützung seiner Entwicklungsabteilung durch das ehemals väterliche Unternehmen verloren. Statt Zitronensäure schwimmt 1893 in den Gärbottichen unerwünschterweise Milchsäure. Doch Boehringer erkennt in dem Fehlschlag eine große Chance: Durch sein Verfahren kann Milchsäure mithilfe von Bakterien in großen Mengen hergestellt werden. Die mühsame Kleinproduktion in Apotheken wird überflüssig. Seither gilt Boehringer als Pionier der biotechnischen Massenherstellung. Er verkauft seine Milchsäure erfolgreich an Lebensmittelhersteller, Gerbereien und Färbereien. Zudem verfeinert er das Verfahren und stellt Limonade sowie Backpulver auf Basis von Milchsäure her.

Gut zehn Jahre nach seiner Entdeckung produziert Boehringer auch Alkaloide wie Morphin, Kokain und Codein. Die Substanzen werden an Apotheken verkauft und ins Ausland exportiert. 1915 führt das Unternehmen das Schmerzmittel "Laudanon" in den Handel ein. Es setzt sich aus sechs Opium-Alkaloiden zusammen.

Bezahlter Urlaub mit Ansichtskartenpflicht

Einen Teil seiner Einnahmen steckt Boehringer in die soziale Absicherung seiner Belegschaft. 1902 gründet er eine Betriebskrankenkasse, wenig später richtet er einen Unterstützungsfonds für Arbeiter im Ruhestand ein. Mitarbeiterhäuser werden gebaut und eine Arbeitsunfähigkeitsversicherung gegründet. 1910 wird ein bezahlter 14-tägiger Urlaub für die Belegschaft eingeführt. "Um sicher zu gehen, dass seine Mitarbeiter auch wirklich in den Urlaub zur Erholung fuhren", so Firmenarchivar Siebler, "musste jeder eine Ansichtskarte vom Urlaubsort an den Firmeninhaber schreiben."

Der Firmengründer Albert Boehringer stirbt am 10. März 1939 im Alter von 78 Jahren in Ingelheim. Die Leitung seiner Firma haben zwei Jahre zuvor bereits seine Söhne Albert und Ernst sowie sein Schwiegersohn Julius Liebrecht übernommen. Zu diesem Zeitpunkt zählt das Unternehmen rund 1.000 Mitarbeiter. Mittlerweile ist aus der kleinen Weinsteinfabrik ein Pharmakonzern mit einem Jahresumsatz von 14 Milliarden Euro geworden. "Es ist bis heute ein familiengeführtes Unternehmen, zu 100 Prozent", sagt Firmenarchivar Siebler.

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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 11. August 2016 ebenfalls an Albert Boehringer. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

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