Die Bilder des ausgebrannten Hauses gingen damals um die Welt. Bei einem rassistisch motivierten Brandanschlag in Solingen starben in der Nacht zum 29. Mai 1993 fünf türkische Frauen und Mädchen im Haus der Familie Genç. Heute - genau 30 Jahre nach dem Anschlag - hat die Stadt zu einer Trauerfeier ins Solinger Theater- und Konzerthaus geladen.
Daran werden unter anderem auch Bundespräsident Frank Walter Steinmeier (SPD), NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und der stellvertretende türkische Außenminister Yasin Ekrem Serim teilnehmen.
Simultan-Übersetzungen
Bei der Gedenkveranstaltung wird die Stadt dafür sorgen, dass alle zuhören können. Türkische Gäste bekommen simultan eine türkische Übersetzung der Reden, die deutschen Gäste hören auf Deutsch, was der stellvertretende türkische Außenminister Yasin Ekrem Serim zu sagen hat.
Der WDR wird die Gedenkfeier ab 13.55 Uhr auf wdr.de und in der App WDR aktuell im Livestream übertragen.
Bundeskanzler Scholz: Das war ein dunkler Tag
Der rechtsextreme Mord "mahnt uns, alle zu schützen, die hier leben", schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz auf Twitter. "Ein dunkler Tag war das in Solingen vor 30 Jahren". Mit Respekt für eine vielfältige Gesellschaft könne man viel erreichen.
Hatice Genç: "Die Fremdenfeindlichkeit soll aufhören"
Familie Genç hatte sich schon im Vorfeld erfreut und dankbar für das große Interesse gezeigt. Das sei wichtiger denn je. "Wir haben mit unserem Schmerz bis heute weitergelebt. Aber wir möchten, dass es in Zukunft keinen Rassismus gibt. Das war bis heute immer unser Bestreben. Die Fremdenfeindlichkeit soll aufhören", sagt Hatice Genç, die bei dem Anschlag zwei Töchter verlor.
Auch Demos erwartet
Neben der Gedenkveranstaltung im Solinger Theater- und Konzerthaus wird es auch mehrere Demonstrationen geben. Die größte beginnt um 12 Uhr in der Solinger Innenstadt unter dem Motto "Bündnis Solingen 93 - Unutturmayacağiz! Niemals vergessen!"
Es gibt Musik – unter anderem von den Brings-Brüdern – und Ansprachen.
Platz wird nach Mevlüde Genç benannt
"Auch nach so vielen Jahren ist der Schmerz und die Trauer immer noch spürbar", sagt Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach. Deswegen gibt es in der Stadt zahlreiche Veranstaltungen und Projekte.
Am Pfingstsonntag etwa wurde ein Platz in der Solinger Innenstadt umbenannt in Mevlüde Genç-Platz. Mevlüde Genç, die Töchter und Enkelkinder verlor, hatte zeitlebens zu Versöhnung aufgerufen und an ein friedliches Zusammenleben appelliert.
Am Ort des Brandanschlags, an der Unteren Wernerstraße, wachsen fünf Kastanienbäume, wo einst das Haus stand. Auf dem Mevlüde Genç-Platz stehen nun auch Stelen mit Portraits der Verstorbenen. Gebaut haben sie Jugendliche der Solinger Jugendhilfe-Werkstatt, die sich seit Jahrzehnten für mahnendes Gedenken einsetzt.