Walther von Goethe, Komponist und Enkel des Dichters

9. April 1818 - Der Komponist und Dichter-Enkel Walther von Goethe wird geboren

Träger eines großen Namens: Walther von Goethe steht als Enkel seines berühmten Großvaters stets in der zweiten Reihe. Dabei hat der Komponist, Schriftsteller und Kulturpolitiker ein eigenes Lebenswerk.

Walther von Goethe komponiert drei Opern, vertont die sogenannte Frithjofs-Saga und schreibt Lieder eigener Gedichte - ohne diese allerdings zu kennzeichnen. Auch jene Lieder, die er aus Gedichten seines Großvaters, dem Dichter Johann Wolfgang von Goethe, macht, lässt er nicht drucken - wie zum Beispiel "Wanderers Nachtlied". Seine eigene künstlerische Arbeit verbirgt der Dichter-Enkel weitgehend vor dem Publikum.

Walther von Goethe ist sein Leben lang ein schüchterner, scheuer Mensch. Glücklich, schreibt er einmal, sei er nie gewesen, allenfalls fröhlich. Er lebt meist allein. Engen Kontakt hat er zu seiner Mutter Ottilie und seinem Bruder Wolfgang Maximilian. Phasenweise wohnen sie zusammen in Leipzig und Wien. Verheiratet sind weder Walther noch sein jüngerer Bruder.

"Apapa" liest Walther vor

Geboren wird Walther Wolfgang von Goethe am 9. April 1818 in Weimar. Seine Eltern wohnen im Dachgeschoss des Hauses von Johann Wolfgang Goethe, der in den repräsentativen Räumen darunter lebt. Der Dichter wird zum geduldigen, liebevollen Großvater, "Apapa" genannt. Er schreibt in seinem Tagebuch: "Walther die Geschichte des Siebenschläfers erzählt."

Als der zwölfjährige Felix Mendelssohn Bartholdy 1821 in Goethes Klavierzimmer auftritt, ist Walther drei Jahre alt und soll zu dessen Musik durch den Raum getanzt sein. Der Dichter führt seine Enkel auch in seine eigenen Schaffensgebiete ein. Er nimmt sie oft mit ins Theater und freut sich, wenn sie davon angeregt selbst dichten - "als wahrhafte Poeten sich darstellend", wie der stolze Großvater notiert.

Verlust von Vater und Großvater

Auch Vater August liebt und fördert die kreativen Seiten seiner Söhne: "Gestern Abend haben mir Walther und Wolf mit ihrem Puppentheater eine von Walther selbst verfasste Komödie vorgespielt, was mich auf eine Stunde etwas erheiterte." Die Familie ist belastet, weil sich die Eltern Ottilie und August auseinanderleben. Bald nach seinem Tagebuch-Eintrag fährt August 1830 nach Italien und stirbt nach wenigen Monaten in Rom.

Für seine Söhne ist es immerhin ein Trost, dass sie ihre Mutter und ihren Großvater um sich haben. Doch 1832 stirbt auch Johann Wolfgang Goethe. Walther ist zu diesem Zeitpunkt fast 14 Jahre alt - und muss als ältester männlicher Nachkomme bei der Trauerfeier in Weimar dem Sarg unmittelbar folgen.

Ausbildung als Komponist

Mutter Ottilie schickt den musikalisch talentierten Walther zur Ausbildung zu Felix Mendelssohn Bartholdy. Aber es wird ein Fiasko. Der Komponist erkennt zwar Walthers "Ideen beim Phantasieren", doch "seine Finger, seine Geschmacksbildung, seine Fähigkeit im Schreiben" seien "noch weit zurück".

Der sensible Walther lässt sich dennoch zum Unterricht bei einem anderen Komponisten überreden: bei Carl Loewe in Stettin in Pommern. Er wiederum ist von Walther begeistert: "Seine echte Künstlernatur eignet sich auch die schwierigsten und ihm noch ganz fremd und fernliegenden Gegenstände mit einer reißenden Schnelligkeit an."

Walther von Goethe, Komponist (Geburtstag, 09.04.1818)

WDR Zeitzeichen 09.04.2023 15:03 Min. Verfügbar bis 09.04.2099 WDR 5


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Kulturberater von Großherzog Carl Alexander

1853 zieht der 35-jährige Walther wieder nach Weimar. Er wird "Kammerherr" und Kulturberater von Großherzog Carl Alexander. Dieser ist der Enkel des Großherzogs Carl August, an dessen Hof bereits der Dichter Goethe tätig war. Walther wohnt erneut im Dachgeschoss des Hauses seines Großvaters: "Melde ergebenst, dass ich wieder im Goethe-Mausoleum gelandet bin."

Mit sich selbst ist Walther kaum zufrieden: "Ich kann vielmehr leisten nicht. Meine Einsamkeit ist jetzt tragisch." In seinen späteren Jahren ist er der letzte Goethe. Seine Schwester Alma ist bereits mit 17 Jahren an Typhus gestorben, Mutter Ottilie und Bruder Wolfgang sterben 1872 und 1883.

Der Komponist versteht sich "als Wächter, Hüter und Stationsbeamter der Goethe-Hinterlassenschaften". Er verfügt in seinem Testament, dass der Besitz seines Großvaters als Einheit zusammenbleibt, und regt an, dafür eine Stiftung zu gründen. Sie besteht bis heute. Walther von Goethe stirbt am 15. April 1885 mit 67 Jahren auf einer Reise in Leipzig.

Autorin des Hörfunkbeitrags: Irene Dänzer-Vanotti
Redaktion: Gesa Rünker

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 18. April 2023 an Walther von Goethe. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.

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