Rio Reiser

20. August 1996 - Sänger Rio Reiser stirbt in Fresenhagen

Stand: 14.08.2021, 10:44 Uhr

Er ist Sänger der Band "Ton Steine Scherben" und der selbst ernannte "König von Deutschland". Rio Reiser lebt für die Musik - ein wildes, aber viel zu kurzes Leben.

Rio Reiser, dt. Musiker (Todestag, 20.08.1996)

WDR Zeitzeichen 20.08.2021 14:56 Min. Verfügbar bis 21.08.2099 WDR 5


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Gerade mal 46 Jahre ist Rio Reiser alt, als er am 20. August 1996 stirbt. Die offizielle Todesursache lautet Kreislaufversagen aufgrund innerer Blutungen. Sein Lebensgefährte findet den rastlosen Künstler tot in seinem Bauernhaus im nordfriesischen Fresenhagen.

Rio Reiser wird 1950 als Ralph Möbius in Berlin geboren. Aus beruflichen Gründen ziehen seine Eltern oft um und landen schließlich in Nieder-Roden bei Frankfurt. Ralph bricht die Schule ab und beginnt eine Fotografenlehre, die er ebenfalls nicht beendet. Er will Musik machen, bringt sich als Autodidakt Klavier, Gitarre und Cello bei. Mit 17 Jahren zieht er zu seinen beiden älteren Brüdern nach Berlin, wo er für deren Beat-Oper die Musik komponiert. In dieser Zeit ändert er seinen Namen in Rio Reiser - in Anlehnung an die Romanfigur Anton Reiser.

Ins Herz der linken Szene

1970 gründet er zusammen mit seinen Freunden Ralph Seitz (alias Lanrue), Kai Sichtermann und Wolfgang Seidel die Band "Ton Steine Scherben". "Warum geht es mir so dreckig?", heißt das Debütalbum. Eine Frage, die zugleich Anklage ist, und deren musikalische Antworten lauten: "Macht kaputt, was Euch kaputt macht" und "Keine Macht für Niemand". Ihre Songs werden nach der 68er Revolte zu Hymnen der Hausbesetzerszene und linksradikalen Gegenkultur.

Die "Scherben" sind Rebellen. Sie produzieren ihre Platten selbst, leben in einer Kommune und verstehen sich als "Speerspitze der Revolution". Reich wird die Band mit ihren Liedern allerdings nicht, häuft stattdessen Schulden an. Den Wechsel zur kommerziellen Plattenindustrie lehnen die "Scherben" ab - 1985 lösen sie sich auf.

Vom Rebell zum "König von Deutschland"

Reiser startet eine Solokarriere. Er lässt sich von einem großen Plattenlabel unter Vertrag nehmen - geht, wie er selbst sagt, "auf den musikalischen Strich". Die linke Szene schreit auf, aber Reisers Kompositionen "König von Deutschland", "Alles Lüge" und "Junimond" werden zeitlose Klassiker.

Insgesamt nimmt er sechs Soloalben auf - Ruhe kennt Reiser nicht. Neben seiner Gesangskarriere komponiert er Theaterstücke und Filmmusik, ist als Schauspieler aktiv und schreibt für die Stadt Unna eine Oper. Doch sein Arbeitspensum und vermehrter Alkoholkonsum fordern ihren Tribut: Tourneen werden abgesagt, Freunde und Geliebte wechseln, zudem wird Reiser immer blasser und dünner.

Im Mai 1996 begibt sich der Musiker gegen ärztlichen Rat noch einmal auf Deutschland-Tour, doch die muss er völlig entkräftet abbrechen. Kurz darauf verstummt die rauchige Stimme von Deutschlands poetischem Krawallmacher für immer. Sein Traum, sich wieder unabhängiger von der Musikindustrie zu machen, bleibt unerfüllt. Die letzten Worte des Pfarrers an Reisers Grab im Garten seines Bauernhauses: "Keine Macht für niemand, auch nicht für den Tod."

Autoren des Hörfunkbeitrags: Ulrich Biermann und Veronika Bock
Redaktion: Ronald Feisel​

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