Der Komponist und Violinist Jean Marie Leclair

10. Mai 1697 - Der französische Komponist Jean-Marie Leclair wird in Lyon geboren

Stand: 05.05.2022, 15:38 Uhr

Was ist dieser Jean-Marie Leclair nicht alles: Ein Ex-Tänzer, ein Sturkopf - aber eben auch der brillanteste Geigenvirtuose seiner Zeit, dessen Leben ein schreckliches Ende nimmt. Seinem Zeitgenossen Johann Sebastian Bach ist Jean-Marie Leclair leider nie begegnet.

Viele Zeitgenossen behaupten, dass Jean-Marie Leclair ein launenhafter Sonderling ist, fixiert auf die Geige. Vielleicht liegt es daran, dass er musikalisch ein Quereinsteiger ist. Geboren wird Leclair am 10. Mai 1697, in Lyon ‒ keine Kleinstadt, aber doch fernab vom Machtzentrum Paris.

Jean-Marie Leclair, franz. Komponist (Geburtstag, 10.05.1697)

WDR Zeitzeichen 10.05.2022 14:40 Min. Verfügbar bis 10.05.2099 WDR 5


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Der Vater verdient sein Geld als Bortensticker, ein ehrbares Handwerk, in das auch der Sohn einsteigt. Dann aber gewinnen auch bei ihm die heimlichen Leidenschaften des Vaters die Oberhand: das Violinspiel und der Tanz.

Die Violine als musikalischer Mittelpunkt

Leclair ist kein Universalgenie wie Johann Sebastian Bach, der außer der Oper jede Gattung beherrscht, die im 18. Jahrhundert gefragt ist. Der Franzose komponiert nie ein geistliches Werk, nie ein reines Orchesterstück, nie etwas für Bläser und nur eine Oper.

In allem, was Leclair aufs Papier wirft, steht die Violine im Mittelpunkt: Sie ist die Sonne in seinem Kosmos, das Abbild der menschlichen Stimme, der Tummelplatz seiner unglaublichen Virtuosität.

Kompositionen in fein dosierter Menge

Der Dirigent und Musikforscher Reinhard Goebel erklärt Leclairs Werk: Während viele Komponisten wie am Fließband Musik auf den Markt werfen, lernt Jean-Marie Leclair vom italienischen Komponisten Arcangelo Corelli, dass es gut ist, die Werke in feinen Dosen auf den Markt zu bringen.

Und so komponiert Jean-Marie Leclair 48 Solosonaten, zwei Bände mit Duetten, zwölf Violinkonzerte und eine Oper. Ein überschaubares Œuvre ‒ aber dafür dann ein Meisterstück nach dem anderen.

Freundschaft zwischen Konkurrenten

Als Tänzer und Choreograf arbeitet Leclair erfolgreich beim König von Savoyen in Turin. Dann nimmt er Violinunterricht bei einem Schüler des berühmten Arcangelo Corelli ‒ und kommt von der Geige nicht mehr los.

Als er auf einer seiner Konzertreisen am Hof von Kassel spielt, begegnet er Pietro Locatelli, dem Paganini des 18. Jahrhunderts. Aber statt sich als Konkurrenten gegenseitig abzukanzeln, schließen die beiden Männer Freundschaft und lernen voneinander.

Streit um den Posten des ersten Geigers

Nach 30 Jahren in der Provinz setzt Leclair zur Eroberung der Musikmetropole Paris an. Er wird zum Star des Concert spirituel. Jetzt kommt man in Paris an Leclair nicht mehr vorbei ‒ auch der König nicht. 1733 nimmt ihn Ludwig XV. in seine Hofkapelle auf. Die "Musique du Roi" ist das Traumziel aller französischen Musiker ‒ aber auch eine Schlangengrube.

Im Streit um einen ursprünglich vereinbarten monatlichen Wechsel auf dem Posten des ersten Violinisten in der königlichen Kapelle mit dem italienischstämmigen Komponisten Jean-Pierre Guignon verlässt Leclair wütend das königliche Orchester.

Grausiges Ende eines eigenwilligen Musikers

Nachdem auch seine zweite Ehe scheitert, zieht Jean-Marie Leclair sich in sein Haus im zwielichtigen Pariser Courtille-Viertel zurück. Am frühen Morgen des 23. Oktober 1764 findet man ihn in seinem Hausflur, von drei Messerstichen tödlich verletzt. Der Fall bleibt unaufgeklärt.

Autor des Hörfunkbeitrags: Michael Struck-Schloen
Redaktion: Gesa Rünker

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 10. Mai 2022 an den Komponisten Jean-Marie Leclair. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.

ZeitZeichen am 11.05.2022: Vor fünf Jahren: Der Kongress der Spurenleser beginnt in Köln.