Dame Ethel Mary Smyth schaut hintergründig fein lächelnd in die Kamera, sie trägt einen Anzug mit Hemd und Krawatte, ihr schlankes Gesicht wird von einer Hochsteckfrisur umrahmt

23. April 1858 - Die Komponistin und Suffragette Ethel Smyth wird geboren

Als Komponistin erobert sie eine Männerdomäne, als Suffragette schreibt sie die Hymne "The March of the Women" und als steinewerfende Aktivistin kommt sie ins Gefängnis.

"Ich möchte, dass Frauen sich großen und schwierigen Aufgaben zuwenden. Sie sollen nicht dauernd an der Küste herumlungern, aus Angst davor, in See zu stechen", schreibt Ethel Smyth in ihrer Autobiografie "What Happened Next". Sie selbst stürzt sich immer wieder wagemutig in die wildesten Stürme, durch sie jedoch zielsicher navigiert dank ihrer Überzeugungen, ihrem Mut und ihrer Beharrlichkeit. Sei es in der Männerdomäne Musik oder bei ihrem Kampf für Frauenrechte.

Komponistin und Kämpferin: Ethel Smyth (Geburtstag, 23.04.1858)

WDR Zeitzeichen 23.04.2023 14:46 Min. Verfügbar bis 23.04.2099 WDR 5


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Mit Hungerstreik zum Studium

Geboren wird Ethel Mary Smyth am 23. April 1858 im englischen Sidcup, in der Nähe von London. Mit ihren fünf Schwestern wird sie von deutschen Gouvernanten erzogen. Eine von ihnen hatte am Leipziger Konservatorium Klavier studiert und entfacht in Ethel die Liebe zur Musik und den Wunsch, nach Leipzig zu gehen. Ethel will dort Komposition studieren.

Ihr Vater, ein ehemaliger Generalmajor, ist strikt dagegen. Doch Ethel ist noch strikter: Mit einem Hungerstreik und sturem Schweigen erzwingt sie seine Zustimmung und geht mit 17 nach Leipzig.

Die Liebe zu Frauen

Das Studium in Leipzig enttäuscht sie, aber sie findet Zugang zu einem Kreis von Musikern und nimmt Privatunterricht bei Heinrich von Herzogenberg. Mit dessen Frau Elisabeth hat sie eine Liebesbeziehung.

Im Verlauf ihres Lebens hat sie weitere Beziehungen mit Frauen. Die Freundschaft mit ihrem Librettisten Henry Brewster war lange Zeit platonisch, später, wohl auf Wunsch Brewsters, auch sexuell.

Die Opernerfolge

Als Komponistin hat sie 1898 mit ihrer ersten Oper "Fantasio" einen Achtungserfolg, 1902 folgt die Oper "Der Wald", die an der Staatsoper Berlin uraufgeführt wird. Bald folgen erfolgreiche Aufführungen in London und New York. Bis 2016 hält "Der Wald" den traurigen Rekord, die einzige von einer Frau komponierte Oper an der Metropolitan Opera zu sein.

Steinewerfen für das Frauenwahlrecht

Nach anfänglichem Zögern schließt sich Smyth 1910 der englischen Frauenrechtsbewegung an und schreibt mit "The March of the Women" die Hymne der Suffragetten. Und sie beteiligt sich an radikalen Aktionen: 1912 wirft sie zunächst mit einem Stein das Schaufenster eines Modeladens und später die Fensterscheiben eines Ministerbüros ein. Zwei Monate sitzt sie dafür im Frauengefängnis Holloway.

Als der Erste Weltkrieg 1914 ausbricht, lässt sich Ethel Smyth bei Marie Curie persönlich zur Röntgenassistentin ausbilden und assistiert bei Operationen. Mit 72 Jahren komponiert sie trotz fortgeschrittener Schwerhörigkeit ihr Spätwerk, die Sinfonie "The Prison". Die Uraufführung 1931 in Edinburgh dirigiert sie selbst. Am 8. Mai 1944 stirbt Ethel Smyth im Alter von 86 Jahren in Woking in der Grafschaft Surrey.

Autor des Hörfunkbeitrags: Holger Noltze
Redaktion: David Rother

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 23. April 2023 an Ethel Smyth. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.

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