Ein Arzt ist im Anschnitt vor der Röntgenaufnahme einer Lunge zu sehen, mit einer Schere zeigt er auf kranke Stellen des Organs

27. Juni 1957 - Kampagne in Großbritannien warnt vor Lungenkrebs durch Rauchen

Stand: 15.06.2022, 10:55 Uhr

Viel schädlicher Rauch umwölkt den Mythos der Zigarette als "Genuss der Götter". Den wollte eine Aufklärungskampagne in Großbritannien vertreiben - mit einer klaren Warnung.

"Rauchen verursacht tödlichen Lungenkrebs" oder statistisch noch konkreter: "Rauchen verursacht 9 von 10 Lungenkarzinomen" - so steht es seit vielen Jahren klar und deutlich warnend auf Zigarettenschachteln in Deutschland. In fetter Helvetica-Schrift umrandet mit einem mindestens drei und höchstens vier Millimeter breiten schwarzen Rand. So regelt es die Tabakprodukt-Verordnung in Deutschland. Wer in Deutschland zur Zigarette greift und lesen kann, ist also gewarnt.

Großbritannien startet Anti-Rauch-Kampagne (am 27.06.1957)

WDR Zeitzeichen 27.06.2022 14:57 Min. Verfügbar bis 27.06.2099 WDR 5


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Der Genuss der Götter

Das sah in den 1950er Jahren noch ganz anders aus. Da konnte noch der alte Mythos vom "Genuss der Götter" seine Kraft entfalten. Denn schon in einem uralten Text der Maya aus dem 16. Jahrhundert, dem "Popol Vuh", heißt es: "Das Rauchen ist die ewige Freude der Götter, die, wenn es blitzt, Feuer schlagen, sich ihre Tabagos anzünden und Wolken in alle vier Winde blasen."

Vom "Heilmittel" zur Massensucht

Kolumbus brachte den Tabak nach Europa. Hier wurde er in Apotheken als Arzneimittel gehandelt. Das nikotinhaltige Kraut sollte helfen gegen Kopf- und Zahnschmerzen, Schwind- und Wassersucht, Geschwüre, Krätze, Pest und Ruhr. Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Tabak in Form von schnell konsumierbaren Zigaretten zum Massenprodukt. Weil die Glimmstängel Hunger und Gefühle unterdrücken, wurden sie im Ersten Weltkrieg kostenlos an die Soldaten in den Schützengräben geliefert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde schließlich in Europa mehr geraucht denn je.

Die Aufklärungskampagne

In Großbritannien fing man Mitte der 1950er Jahre an, die Sterbestatistiken und die Lebensweise der Toten zu untersuchen. Und stellte dabei einen klaren Zusammenhang zwischen Rauchen und Lungenkrebs fest. Am 27. Juni 1957 forderte der zuständige Staatssekretär im britischen Gesundheitsministerium: "Die Regierung hat die Pflicht, die Bevölkerung über diese Erkenntnisse zu informieren, und zwar so, dass jeder über die Risiken des Rauchens aufgeklärt wird." Es wurden Plakate gedruckt, Ärzte hielten Vorträge, Radio und Fernsehen berichteten.

Es war eine Aufklärungskampagne mit mäßigem Erfolg: In einer BBC-Umfrage zeigten sich Raucher weitgehend unbeeindruckt. Ähnlich reagierten die Aktien der führenden Tabakunternehmen - sie blieben stabil.

Autor des Hörfunkbeitrags: Marco Rösseler
Redaktion: Matti Hesse

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 27. Mai 2022 an eine Kampagne gegen das Rauchen. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.

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