Insulin-Pionier Frederick Banting (Fotografie um 1925)

27. Juli 1921 - Frederick Banting isoliert erstmals Insulin

Stand: 27.07.2021, 10:20 Uhr

Bereits die Menschen der Antike fürchten die Zuckerkrankheit, der sie wegen des süßlichen Uringeruchs den Namen Diabetes mellitus – "honigsüßer Durchfluss" geben. Allein in Deutschland leben heute mehr als sieben Millionen Menschen mit Diabetes. Bis 2040, so schätzen Experten, werden es etwa zwölf Millionen sein. Ohne die bahnbrechende Entdeckung von Frederick Banting könnten die meisten Patienten nicht überleben.

Banting isoliert erstmals Insulin (am 27.07.1921)

WDR Zeitzeichen 27.07.2021 14:10 Min. Verfügbar bis 28.07.2099 WDR 5


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Das Leben des amerikanischen Bibliothekars Theodore Ryder schreibt Medizingeschichte. Bereits als Fünfjähriger erkrankt er 1921 an Diabetes, was damals noch den baldigen Tod bedeutet. Doch Ryder hat immenses Glück: Er gehört zu den ersten Menschen, denen ein gerade erstmals gewonnenes Hormon gespritzt wird. Ryder überlebt weitere sieben Jahrzehnte und ist bei seinem Tod 1993 der am längsten dokumentierte Fall einer Insulin-Behandlung.

Die Zuckerkrankheit ist eine chronische Stoffwechselerkrankung, verursacht durch einen Mangel des Hormons Insulin. Produziert wird es in den Langerhans-Inseln der Bauchspeicheldrüse (Pankreas). Ohne Insulin kann Zucker nicht aus dem Blut in die Körperzellen transportiert werden. Schwere Organschäden bis hin zum Tod sind die Folge. Eine Behandlung ist nicht möglich – bis der kanadische Arzt Frederick Banting der Zuckerkrankheit ihren Schrecken nimmt.

Neues Verfahren schützt Inselzellen

Obwohl die überlebenswichtige Bedeutung des Insulins schon lange bekannt ist, hat noch kein Mediziner das Hormon aus der Bauchspeicheldrüse isolieren können. Auch der 1891 in Ontario geborene Universitätsdozent Frederick Banting forscht an Diabetes, seit einer seiner Freunde daran gestorben ist.

Banting kommt die Idee, den Eingang der Bauchspeicheldrüse abzuschnüren. Auf diese Weise, so seine Vermutung, würden die Inselzellen nicht wie bei allen Versuchen zuvor zerstört werden. Der renommierte Stoffwechselforscher John Macleod begegnet Bantings Idee zwar mit Skepsis; dennoch überlässt er dem jungen Arzt ein kleines Labor in seinem Institut in Toronto und stellt ihm den Biochemiker Charles Best als Assistenten zur Seite.

Erste Experimente an Hunden

Fredrick Banting (rechts) und sein Mitarbeiter Charles Herbert Best

Fredrick Banting (r.) und sein Mitarbeiter Charles Best

Mit mehreren Hunden beginnen Banting und Best im Mai 1921 ihre Experimente. Die ersten Versuchstiere sterben allerdings schnell an Infektionen. Erst am 27. Juli 1921 gelingt es Banting, die Bauchspeicheldrüse eines Hundes zu entfernen und zu verarbeiten, um daraus Insulin zu gewinnen.

Als er es einem anderen Versuchstier ohne Pankreas spritzt, sinkt dessen Blutzuckerspiegel tatsächlich rapide. Die Isolierung des Insulins war gelungen! Nun testen Banting und Best das Insulin in Eigenversuchen und müssen feststellen, dass das enthaltene Fremd-Eiweiß Probleme verursacht. Das zeigen auch die ersten Versuche mit Diabetikern.

Der Institutsleiter Macleod engagiert deshalb den Biochemiker James Collip, der das Fremd-Eiweiß durch ein spezielles Verfahren entgiftet. 1922 endlich können Banting und Best ihr zunächst von Rindern gewonnenes Insulin mit durchschlagendem Erfolg bei dem kleinen Theodore Ryder und weiteren Diabetes-Patienten erfolgreich einsetzen.

Insulin aus genmanipulierten Bakterien

Mit der industriellen Gewinnung beginnt ein Jahr später der Siegeszug des Insulins. Frederick Banting und John Macleod werden als erste Kanadier mit dem Nobelpreis geehrt; der maßgeblich am Erfolg beteiligte Charles Best geht leer aus. Allein in den ersten drei Jahrzehnten rettet das Insulin das Leben von rund 30 Millionen Diabetes-Patienten.

Seit Anfang der 1980er Jahre wird Insulin mithilfe gentechnisch veränderter Bakterien hergestellt. Immer neue Fortschritte erleichtern Zuckerkranken den täglichen Umgang mit ihrer chronischen Erkrankung. So wird die Spritze durch einen praktischen Pen ersetzt, mit sich dem Patienten das Insulin viel leichter applizieren können.

Die Digitalisierung bringt noch einmal einen Quantensprung im Umgang mit Diabetes. Inzwischen misst ein kleines Pflaster auf dem Arm kontinuierlich den Blutzuckerspiegel und überträgt ihn per Bluetooth auf das Smartphone und eine Insulinpumpe.

Autorin des Hörfunkbeitrags: Steffi Tenhaven
Redaktion: Hildegard Schulte

Programmtipps:

"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 27. Juli 2021 an Frederick Banting. Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.

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