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Das philosophische Radio mit Jürgen Wiebicke
Thüringens AfD-Chef Björn Höcke im Erfurter Landtag.

AfD: Eine Gefahr für Parlamente?

Die konstituierende Sitzung des neuen Landtages in Thüringen unter AfD-Leitung ging im Chaos unter und musste abgebrochen werden. Ist die Funktionsweise von Parlamenten zunehmend beschädigt, wenn die AfD in größere Machtpositionen kommt? Oder kann und muss eine Demokratie das aushalten? Diskutieren Sie mit im WDR5 Tagesgespräch.

Eines hatten AfD, CDU, BSW Linke und SPD am letzten Donnerstag im thüringischen Landtag gemeinsam: Sie alle bezeichneten den Ablauf der ersten Sitzung des Landtages als "Tiefpunkt des Parlamentarismus". Die eine Seite, die AfD, weil sie ihre Vorstellungen vom Sitzungsverlauf und der Wahl eines Landtagspräsidenten oder einer Präsidentin nicht durchsetzen konnte. Die andere Seite warf der AfD und ihrem Alterspräsidenten Jürgen Treutler, der die Sitzung leitete, rechtswidriges Verhalten und Verfassungsbruch vor. Sie forderte eine Änderung der Tagesordnung, um ebenfalls Vorschläge für das Amt des Landtagspräsidenten machen zu können.

Nach mehreren Stunden und Unterbrechungen wurde die Sitzung abgebrochen und der Thüringer Verfassungsgerichtshof angerufen. In einem Eilverfahren entschied dieser am Freitagabend, dass die AfD nicht gemäß der Verfassung gehandelt hat. Am Samstag wurde die Sitzung dann fortgesetzt und Thadäus König (CDU) mehrheitlich zum neuen Landtagspräsidenten gewählt.

Seit Donnerstagabend wird bundesweit darüber diskutiert, welche Konsequenzen aus dieser Sitzung gezogen werden müssen. Für den Parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag Thorsten Frei (CDU) ist der Fehlstart des neu gewählten Thüringer Landtags eine "Stunde der Wahrheit", die zeigt, "dass mit diesen Leuten kein Staat zu machen ist". Thüringens geschäftsführender Innenminister Georg Maier (SPD) sagte, die AfD habe gezeigt, dass sie "aggressiv kämpferisch gegen den Parlamentarismus" vorgeht – damit seien die Voraussetzungen für ein AfD-Verbot gegeben. Mehrere Bundestagsabgeordnete streben nun dieses Verbotsverfahren an.

Gefragt wird aber auch, ob parlamentarische Institutionen und Abläufe gestärkt werden müssen, damit sie keinen Schaden nehmen und die Demokratie nicht untergraben wird. Sind Geschäftsordnungen der Landesparlamente und des Bundesparlaments oder auch Verfassungsgerichte genügend abgesichert?

Die AfD sieht sich hingegen im Recht, inszeniert sich als Opfer und lässt sich von ihren Anhängern feiern. Sie behauptet, dass es die "Altparteien" seien, die das Parlament und die politische Kultur beschädigen. Immerhin habe ein Drittel der Bevölkerung sie gewählt. Was ja durchaus auch die Frage aufwirft, ob man die AfD ignorieren kann, oder sie nicht doch in die Politik einbinden muss.

Welchen Eindruck hatten Sie? Haben Sie die Sitzungen verfolgt? Ist der Parlamentarismus geschädigt worden? Von wem? Fürchten Sie Ähnliches für andere bundesdeutsche Parlamente? Haben Sie die Sorge, dass sich unsere Demokratie mit dem Erstarken der AfD selber abschafft? Oder ist unser politisches System so stark, dass es das gut aushält? Muss eingegriffen werden? Sind Sie für ein Verbot der AfD? Oder meinen Sie, dass man in den Parlamenten mit der AfD zusammenarbeiten muss?

Rufen Sie uns während der Sendung an (WDR 5 Hotline 0800 5678 555).

Gast: Professor Michael Brenner, Verfassungsrechtler an der Universität Jena

Redaktion: Thomas Vehling, Chris Hulin und Gundi Große

AfD: Eine Gefahr für Parlamente?

WDR 5 Tagesgespräch 30.09.2024 45:37 Min. Verfügbar bis 30.09.2025 WDR 5


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