Abzeichen auf der Schulter eines Soldaten zeigt Deutschlandflagge und Dienstgrad

WDR 5 Tagesgespräch

Neue Schulden mit dem alten Bundestag: clever oder unklug?

Die Union erwägt, ein Sondervermögen für Außen- und Sicherheitspolitik noch mit den Mehrheiten des alten Bundestages zu beschließen. Sollten für die Verteidigung Schulden gemacht werden, bevor AfD und Linke das verhindern könnten? Diskutieren Sie mit im WDR 5 Tagesgespräch!

Es war der Sprengstoff für die Ampel-Koalition – und steht nach der Neuwahl sofort wieder zur Debatte: Wo kriegt die Bundesregierung Milliarden für die Verteidigung und die Ukraine her, die sie im Haushalt nicht übrig hat? Darüber könnte – so ist gerade im Gespräch – noch der alte Bundestag entscheiden, obwohl der neue schon gewählt ist.

Durch den Kurswechsel der US-Regierung von Donald Trump mit Blick auf den Ukrainekrieg und die Nato ist das Problem nämlich noch akuter als zuvor. Außerdem macht das Ergebnis der Bundestagswahl die Sache für den wahrscheinlichen künftigen Kanzler Friedrich Merz von der Union kompliziert. 

Das Parlament könnte eine Reform der Schuldenbremse beschließen, die eine höhere Kreditaufnahme ermöglicht. Dann könnte man das Geld aus dem regulären Haushalt bereitstellen. Alternativ könnte ein Sondervermögen eingerichtet werden. Das ist ein Topf abseits des Bundeshaushalts, aus dem Maßnahmen mit einem ganz bestimmten Zweck finanziert werden. 

Für eine Reform der Schuldenbremse wäre eine Änderung des Grundgesetzes nötig – denn da ist die Schuldenregel in Artikel 115 verankert. Eine solche Reform ist politisch sehr umstritten – und sie braucht eine große Mehrheit im Bundestag. Genauer: Zwei Drittel der Abgeordneten müssten zustimmen. 

Bei Sondervermögen gibt es zwei Möglichkeiten: Man könnte sich das Sondervermögen für die Bundeswehr zum Vorbild nehmen. Dieses wurde im Grundgesetz verankert – und dort von der Schuldenbremse ausgenommen. So kann ein Sondervermögen eigene Kredite aufnehmen – theoretisch unbegrenzt. Nötig wäre aber auch hier eine Zwei-Drittel-Mehrheit.

Ohne diese Verankerung im Grundgesetz müsste das Sondervermögen aus dem Bundeshaushalt gefüttert werden. Größere Kredite dafür wären nur drin, wenn man eine Notlage erklärt, die die Schuldenbremse vorübergehend aussetzt. Das könnte man etwa mit dem Kurswechsel der US-Regierung begründen. Das Problem: Das Geld müsste dann in dem Jahr ausgegeben werden, in dem es aufgenommen wurde. Soll das Sondervermögen über mehrere Jahre laufen, müsste man jedes Mal erneut eine Notlage erklären – und dafür eine gerichtsfeste Begründung finden. 

Warum wollen einige einen Beschluss jetzt schnell noch mit dem alten Bundestag? Das hat mit den neuen Mehrheitsverhältnissen zu tun. Die sogenannten Parteien der Mitte – also Union, SPD und Grüne – haben keine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag. AfD und Linke sind so stark, dass sie eine Änderung des Grundgesetzes blockieren könnten. Deshalb kam die Idee auf, das Thema schnell noch vor Konstituierung des neuen Bundestags mit den alten Mehrheiten abzuräumen. 

Was rechtlich machbar wäre, ist dennoch umstritten: Denn ein neuer Bundestag ist bereits gewählt – und er sieht völlig anders aus. Die FDP und das BSW sind nicht mehr dabei, könnten bei Sondervermögen oder Änderung der Schuldenbremse aber noch mitstimmen. Dafür hatten die AfD und vor allem die jetzt starke Linke im alten Bundestag viel weniger Stimmen. Die Abstimmung würde also nicht den aktuellen Wählerwillen abbilden.

Sollte ein Sondervermögen – also Schulden – für Verteidigung und Sicherheit noch vom alten Bundestag beschlossen werden? Wenn schon Schulden, dann gleich 'richtig' mit einer Reform der Schuldenbremse? Mit dem neuen Bundestag würde es wohl keine Zwei-Drittel-Mehrheit geben, um damit die Verteidigung zu finanzieren. Sollte die Union das akzeptieren und auf die Finanzierung verzichten? Die Linke wäre für eine Lockerung der Schuldenbremse zu haben, ist aber gegen neue Ausgaben für die Verteidigung. Gehen Sie da mit?

Rufen Sie uns während der Sendung an (WDR 5 Hotline 0800 5678 555).

Gast: Lothar Lenz, ARD-Hauptstadtstudio

Redaktion: Willi Schlichting und Jonas Klüter

Neue Schulden mit dem alten Bundestag: clever oder unklug?

WDR 5 Tagesgespräch 26.02.2025 45:41 Min. Verfügbar bis 26.02.2026 WDR 5


Download