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Buchcover: "Der Rabe, der mich liebte" von Abdelaziz Baraka Sakin

Lesefrüchte

"Der Rabe, der mich liebte" von Abdelaziz Baraka Sakin

Stand: 19.11.2024, 09:27 Uhr

Der Sudanese Adam will unbedingt Professor für Sprachwissenschaft in Großbritannien werden. Ein bewegender Roman über Menschen, die in Europa ihre Lebensträume zerplatzen sehen.

Den Grazer Klingenberg Verlag hat Paul Klingenberg 2017 gegründet, um "Alles, was in keine Schublade passt" zu veröffentlichen. Sudanesische Literatur ist auf dem deutschsprachigen Buchmarkt selten, und so erscheint bei Klingenberg jetzt der neue Roman von Abdelaziz Baraka Sakin. Er musste seine Heimat Sudan 2012 aus politischen Gründen verlassen, seine Bücher wurden dort verboten. Sakins eigene Geschichte erinnert ein bisschen an die der Hauptfigur seines Romans "Der Rabe, der mich liebte".

Adam will Professor für Sprachwissenschaft in Großbritannien werden. Das ist sein großer Traum seit der Schulzeit. Nur ist er Sudanese, und um seinen Traum zu realisieren, macht er sich zusammen mit seinem Freund Nuri "auf dem Ameisenweg", also zu Fuß, nach Europa auf. Sie stranden schließlich im "Dschungel" von Calais, der berüchtigten Zeltstadt. Adam versucht, im Ballon den Ärmelkanal zu überqueren, und scheitert. Er verliert den Verstand und macht sich auf den Rückweg in seine Heimat.

"Der Rabe, der mich liebte" ist ein bewegender Roman über Menschen, die in Europa ihre Lebensträume erfüllen wollen und sie zerplatzen sehen. Abdelaziz Baraka Sakin lässt viele Weggefährtinnen und -Gefährten von Adam sprechen: neben Nuri auch Ibrahim, mit dem Adam in den Ballon stieg. Zarah, mit der Adam im Dschungel von Calais eine Beziehung hatte. Eva, die sich in Graz um den heruntergekommenen Adam kümmerte, einen Schleuser, einen fahrenden Händler.

Und so ist "Der Rabe, der mich liebte" auch ein Buch über das Erzählen und die Frage, wie weit man sich überhaupt einer vermeintlich objektiven Wahrheit annähern kann. In den Romankapiteln erzählen abwechselnd verschiedene Stimmen. Die Texte sind weder nach Sprecher noch chronologisch geordnet, sondern verweben sich aus ganz verschiedenen Richtungen, widersprechen oder ergänzen sich und ergeben am Ende doch ein Gesamtbild: das eines Mannes, der hartnäckig an seinem Lebenstraum festhielt. Abdelaziz Baraka Sakin erzählt mit Bitterkeit von seinem tragischen Helden, aber auch mit galligem Humor und vor allem: mit großer Empathie.

Eine Rezension von Dina Netz

Literaturangaben:
Abdelaziz Baraka Sakin: Der Rabe, der mich liebte
Aus dem Arabischen von Larissa Bender
Klingenberg, 136 Seiten, 21.90 Euro.