Katja Eichinger über "Das große Blau"

Möchte man sich mit Touristenströmen durch die Gassen von Monaco kurz vor einem Formel-1-Rennen drücken? Oder 600 Euro für eine Superyachten-Messe ausgeben? Wir müssen das zum Glück gar nicht selbst, denn in diesem Buch erledigt Katja Eichinger das für uns. Von ihren Exkursionen bringt sie fein beobachtete Geschichten mit. Mal ein wenig spöttisch, mal liebevoll umarmend, auch präzise analysierend. Dabei immer bereit, den eigenen Blick zu hinterfragen: Muss man die superreichen Frauen mit ihren aufgespritzten Lippen und ewig gleichen Designer-Hippie-Kleidern wirklich als Bedrohung empfinden oder kann man ihr Aussehen auch einfach lässig akzeptieren? So illustriert sie die großen Gegensätze, die diesen Landstrich ausmachen, sehr lebensnah.

Auf jeder Seite ist die tiefe Verwurzelung der Autorin mit dieser Gegend zu spüren: Seit 29 Jahren kommt sie regelmäßig an die Côte d’Azur, besitzt mittlerweile eine Wohnung in Cannes. Sie hat über diese Zeitspanne viele Freundschaften dort geknüpft. In diesem Band nimmt sie einen selbst wie eine gute Freundin an die Hand. Sie erzählt nicht nur historische Hintergründe, sondern auch Stories von heute: Blicke hinter die Kulissen, die einem als Tourist naturgemäß verborgen bleiben. Durch ihre langjährige Arbeit als Filmjournalistin war sie außerdem Glanz und Glamour dieser Branche nah. Auch hierzu hat sie einige Anekdoten im Gepäck, etwa eine unangenehme Begegnung mit Harvey Weinstein im Hotelpool.

Die Faszination dieses Landstrichs, sie überträgt sich durch dieses kleine – übrigens sehr liebevoll gestaltete – Büchlein eindringlich auf die Lesenden. Eichingers sinnliches und historisch fundiertes Essay setzt sich nachhaltig fest im Kopf. Komplettiert wird der Text durch Fotografien von Christian Werner, die weniger Bebilderung als künstlerische Ergänzung sind.

Eine Rezension von Lina Brünig

Literaturangaben:
Katja Eichinger: Das große Blau
Blumenbar, 208 Seiten, 22 Euro