Arezu Weitholz über "Hotel Paraíso"

Frieda ist Synchronschauspielerin und hat von ihrem Job die Nase voll. Auch ihr Körper erkennt das: Denn eines Tages bleibt ihr die Stimme weg und sie wird wegen Burn-Out krankgeschrieben. Da erscheint es wie ein himmlischer Fingerzeig, als ihr Freund von einem Jobangebot hört: Gesucht wird ein Housesitter für ein Hotel an der Algarve. Klein, aber fein – mit Hausstrand und Labrador Otto, der mit aufpasst. Frieda sagt zu und findet sich an einem verwunschenen Ort wieder.

Die Assoziation zu Stephen Kings legendärem Housesitter-Roman "Shining" bindet die Autorin am Anfang gleich selbst ein – und tatsächlich gruselt sich Frieda in den ersten Nächten etwas. Tag für Tag findet sie sich besser in den Ort ein. Arbeit gibt es wenig und so lässt sie den Gedanken freien Lauf.

Und erinnert sich an ihre verlorene Kindheit: Aufgewachsen ist sie in der niedersächsischen Provinz, wo ihre Eltern eine Tankstelle betrieben. Und nicht weit entfernt in einem schicken Bungalow wohnten. So war für Frieda schon immer das Dazwischen ihre Heimat. Und immer bohrte das Gefühl: Irgendwie bin ich anders als die anderen. Frieda erfährt es erst mit 17, der Leser aber schon auf der ersten Seite: Sie ist adoptiert. Und viele um sie herum wussten es. Frieda hat daher den genauen Blick eines Menschen, der aus dem Abseits heraus versucht, seine Mitmenschen zu verstehen.

Arezu Weitholz legt sie als kluge und scharfsinnige Beobachterin an und so ist das Buch – man muss es ausnahmsweise so hochtrabend formulieren – voller Lebensweisheiten, die hängenbleiben. Über zeitlose Themen wie Liebe und Kunst genauso wie über Hochaktuelles wie den Einsatz von KI im Synchronstudio. Es ist eine kontemplative, witzige und verspielte Auszeit, auf die wir Frieda begleiten dürfen.

Eine Rezension von Lina Brünig

Literaturangaben:
Arezu Weitholz: Hotel Paraíso
mare, 2024
176 Seiten, 23 Euro