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Theaterregisseurin Marie Schleef empfiehlt "Die Vegetarierin" von Ki-Hyang Lee

Auf meinem Nachttisch

Marie Schleef empfiehlt Han Kang

Stand: 19.07.2024, 13:53 Uhr

Die Theaterregisseurin Marie Schleef interessiert sich besonders für die Texte von Frauen. Immer wieder bringt sie deshalb genau solche Texte auf die Bühne. So unter anderem am Schauspiel Köln, wo sie in der letzten Spielzeit (2023/24) den Roman "Kim Jiyoung, Geboren 1982" der südkoreanischen Autorin Cho Nam-Joo inszeniert hat.

"Mein Name ist Marie Schleef und ich bin Theaterregisseurin. Auf meinem Nachttisch liegt der Roman von Han Kang "Die Vegetarierin". Das ist ein Roman, den ich in einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung entdeckt habe, der mich sofort angesprochen hat, weil ich sehr lange Vegetarierin war. Und in dem Roman geht es um eine Frau, die von einem auf den anderen Tag entscheidet, dass sie kein Fleisch mehr isst.

Das im Kontext der südkoreanischen Kultur, die sehr sehr fleischlastig ist, also da ist das Ablehnen der Ernährung des Fleisches ein sehr großer gesellschaftlicher Akt. Und es geht um diese Frau, die entscheidet, dass sie das nicht mehr möchte, was dazu führt, dass sich irgendwann ihr Mann von ihr trennt und sie sich immer mehr einbildet, dass sie zur Pflanze wird. Bis sie dann schlussendlich jegliche Form der Nahrung verweigert und sagt, dass sie nur noch Photosynthese braucht, um zu überleben.

Mich hat an dem Roman vor allem gepackt, dass der so eine Art magischer Realismus wird. Also dass man immer wieder in so Szenen reingeworfen wird, in die Psyche einer Frau, die nicht unbedingt greifbar ist, aber durch so eine sehr große Poetik gepackt war. Also ich fand es gab so viele Motive, dass das so eine Form der leisen Rebellion ist, dass das gar nicht so eine offensichtliche Verweigerung eines kulturellen Dogmas ist. Sondern dass das so sehr subtil passiert, das hat mich total gepackt an dem Roman.

Auch dass das ein sehr starkes feministisches Motiv ist, sich in einer sehr patriarchalen Gesellschaft zu weigern irgendwann Fleisch zu essen oder an Prozessen teilzuhaben, die andere Lebewesen töten. Und es gibt auch viele Motive, zum Beispiel mit der Zwangsernährung am Ende des Romans, wo die Figur fast im Sterben liegt, die mich auch an die frühe feministische Bewegung erinnert haben. Also die Suffragetten, die dann alle zwangsernährt wurden, in England in den frühen 20er Jahren. Also für mich ist das ein Roman, der auf vielen Ebenen extrem schön, feministische Motive zusammenfasst."

Aufgezeichnet von Amanda Andreas

Marie Schleef empfiehlt Han Kang

WDR 5 Bücher - Auf meinem Nachttisch 20.07.2024 02:01 Min. Verfügbar bis 19.07.2025 WDR 5


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Literaturangaben:
Han Kang: Die Vegetarierin
Aus dem Koreanischen von Ki-Hyang Lee
aufbau taschenbuch, 2017
190 Seiten, 12 Euro