Die 1991 geborene Nasima Sophia Razizadeh hat Biologie studiert und übt derzeit eine Lehrtätigkeit in dem Fach aus. Die Naturwissenschaftlerin hatte bis dato ein Buch veröffentlicht, "Sprache und Meer", eine Auseinandersetzung mit Sprache, die die Autorin in Analogie zum Meer betrachtet.
Ihr lyrisches Debüt "Die Goldwaage" weist sie als originäre Dichterin aus. In neun Abschnitten entwickelt Nasima Sophia Razizadeh kleine und größere Geschichten, die substanziell und einleuchtend Inhalte transportieren, die die Dichterin tiefenwirksam ausleuchtet.
Eines ihrer Themen sind die Irrungen und Wirrungen der Liebe zwischen Menschen, wie in dem Gedicht "Stellungsspiel", in dem sie mit Hilfe der Fußballsprache ihre Empfindungen darlegt. "Ich sehe dich, / wie unwirklich, / wie fern, wie eins, wie einsam wir waren, / und verdichte die Defensive/ abermals."
Andere Themen findet Nasima Sophia Razizadeh in der Natur, so z. B. in "Wald und Wundbrand", wo sie schreibt: "Ein gehäuteter Schlangenkörper / liegt verwundert mitten auf der Lichtung / bleibt unberührt, fortan, / blickt lange noch der Grenze nach."
Aber auch "Hölderlins Klavier" findet in diesem umfangriechen Erstling Erwähnung: „Zu Splittern / und schließlich zu / Staub erspielt, verliert / der Klangkörper / seine hölzerne Integrität / und wer es hört, hört weg, / meidet das Zimmer, / in dem einer spielt, und im Spiel verspielt / die Alleinheit verspürt…"
Die Gedichte von Nasima Sophia Razizadeh spielen mit Fiktion und Wirklichkeit und lösen damit konventionelle Grenzen auf, die dem Verständnis ihrer Lyrik eine zusätzliche Dimension mitgeben. Das macht die Dichterin gekonnt und stilsicher. "Die Goldwaage" ist ein sehr interessantes und gelungenes Debüt.
Eine Rezension von Matthias Ehlers
Literaturangaben:
Nasima Sophia Razizadeh: Die Goldwaage
Wallstein, 142 Seiten, 22 Euro.
