Die Musik dieses 1786 in Neapel uraufgeführten Werks ist nur in Handschriften überliefert. Für die Kölner Aufführungen wurden mit großem Aufwand die Noten ediert. Selbst an großen Opernhäusern passiert so etwas nur sehr selten, so dass selbst aus dem unerschöpflichen Repertoire der Alten Musik immer wieder dieselben Werke auf die Bühnen kommen, im Bereich der Barockoper meist die Opern von Händel und im Bereich der komischen Oper des späten 18. Jahrhunderts Pergolesis „La serva padrona“ und vielleicht noch von Cimarosa selbst „Il matrimonio segreto“. Dass es in diesem Bereich viel mehr zu entdecken gibt, wurde auf der Hochschul-Tagung „Opera buffa – Gestern und Heute“ in 18 Vorträgen herausgearbeitet. Da ging es von den Wurzeln des Genres in der Commedia dell’arte bis zur Komischen Oper im 20.Jahrhundert.
In „Le trame deluse“ erlebt man die Machenschaften des Betrügerpaars Nardo und Ortenzia, die den alten heiratswilligen Don Artabano ausnehmen wollen, was ihnen fast gelingt, wären da nicht Dorinda und Clicerio, die den beiden schon früher auf den Leim gegangen sind. Das Ganze zieht sich kolportagehaft mit Verwechslungen und Täuschungen über fast drei Stunden hin und lebt von der jeweiligen Situationskomik.
Commedia dell’arte war auch der Ausgangspunkt der Inszenierung von Thilo Reinhardt, Professor für szenischen Unterricht an der Hochschule, und der französischen Bühnen- und Kostümbildnerin Katharina Gault. Die Szene ist einer Bretterbühne nachempfunden mit Kulissen aus weißen Stoffbahnen, auf die mit groben Strich Türen und Fenster aufgemalt sind. Hinzu kommen einfache Requisiten wie schiebbare Treppen, ein stilisiert gemalter Kronleuchter oder Pflanzen. Das Ganze gewinnt an Lebendigkeit durch die geschickte Lichtregie von Thomas Vervoorts, in der z.B. in der Nachtszene im Finale des 1. Akts die Darsteller so ausgeleuchtet werden, dass sie wie Puppen im pastellenen Farbton wirken und das Ganze in eine in verschiedenen Farben changierende Gesamtstimmung getaucht wird.
Die Regie von Thilo Rheinhardt folgt dieser Puppenästhetik. Die sechs Darsteller, die alle an der Hochschule studieren, bewegen sich in unglaublicher Präzision und mit Spielfreude wie mechanisch gesteuerte Figuren, dabei immer abgestimmt auf die komischen Effekte der Situationen. Dazu kommen drei Pulcinellas, die wie tänzerische Kommentare wirken und die Szene beleben. Insgesamt eine Meisterleistung in der szenischen Umsetzung, wie man sie selbst an großen Häusern nur selten erlebt.
Die von den Professoren Timo Handschuh und Stephan Wehr einstudierten Instrumentalisten und Gesangssolisten, boten in einer durchaus an der Historischen Aufführungspraxis orientierten Stilistik in federnder Rhythmik, sprachlicher Klarheit und schönen Klangschattierungen eine Musik dar, die einem Rossini in nichts nachsteht und die manchmal vielleicht doch holzschnittartige Komik zu komplexen Ensembleszenen verdichtete.
Besuchte Aufführung: 20.04.2022
Besetzung:
Don Artabano: Maksim Andreenkov, Hojin Chung
Don Nardo: Gabriel Goebel, Ferdinand Krumbügel
Dorinda: Alina Berit Göke, Julia Kurig
Clicerio: Hyoungioo Yun
Olimpia: Anastasia Kolabanova, Rita Rolo Morais
Ortenzia: Anna Graf, Risa Matsushima
Pulcinellas: Maurin Biertz, Leo Bögeholz-Gründer, Jan Frederick Schebaum, Felix Tudorach, Zhenfei Tang
Orchester der Hochschule für Musik und Tanz Köln
Musikalische Leitung: Prof. Timo Handschuh
Inszenierung: Prof. Thilo Reinhardt
Musikalische Einstudierung: Prof. Stephan E. Wehr, Prof. Timo Handschuh
Bühnenbild und Kostüme: Katharina Gault
Licht: Thomas Vervoorts
Erstellung des Notenmaterials: Michael Weiger