Wolf im Wald

Wolf-Abschüsse: Was für und gegen die geplante Neuregelung spricht

Stand: 25.09.2024, 20:52 Uhr

Vertreter der EU-Staaten haben eine Abschwächung des Schutzes von Wölfen auf den Weg gebracht. Was dafür spricht und dagegen - die wichtigsten Argumente im Überblick. Unsere Karte zeigt außerdem, wie viele Wolfsichtungen es dieses Jahr bislang in NRW gegeben hat.

Von Jörn SeidelJörn Seidel

Die Zahl der Wölfe in Deutschland nimmt zu. Und fast jedes Jahr werden auch mehr Wolfsangriffe auf Schafe, Kühe oder Pferde registriert. Die EU-Staaten fordern nun, dass die Berner Konvention geändert wird, damit die Staaten in ihren nationalen Gesetzen den Abschuss von Wölfen erleichtern können. Auch Deutschland ist mittlerweile dafür. Die Verhandlungen mit den anderen Ländern wird die Europäische Kommission führen.

Helga Schmidt, Leiterin des WDR/NDR-Hörfunkstudios Brüssel.

Helga Schmidt, ARD-Korrespondentin in Brüssel

"Bislang dürfen Wölfe nur dann abgeschossen werden, wenn sie nachweislich einen Schaden angerichtet haben", sagt ARD-Korrespondentin Helga Schmidt in Brüssel. Das ist jedoch kompliziert, wie der Fall der Wölfin Gloria in NRW zeigt. "Geplant ist, dass Wölfe auch dann abgeschossen werden dürfen, wenn ihr Bestand in einem Gebiet zu groß ist.

Was spricht für und gegen eine solche Regelung? Die wichtigsten Argumente im Überblick:

Pro Neuregelung: Argumente für weniger Wolfsschutz

Weniger Schäden für Landwirte: Mit einer stärkeren Regulierung des Wolfsbestandes gäbe es weniger Nutztierschäden, argumentiert der Deutsche Bauernverband. Der sogenannte Herdenschutz von Wildtieren, zum Beispiel durch Elektrozäune und spezielle Hunde, reiche nicht aus. Der Hintergrund: Die Zahl der Nutztierschäden durch Wölfe ist in den vergangenen Jahren - mit Ausnahme 2021 - deutlich angestiegen.

Grafik zur Anzahl der Übergriffe von Wölfen auf Nutztiere

Übergriffe von Wölfen auf Nutztiere - Zahlen der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW)

Mehr nachhaltige Weidehaltung möglich: Landwirtschaft soll nachhaltiger werden - dazu gehört auch die Weidetierhaltung. Weidetiere sind für Wölfe aber leichte Beute. Eine stärkere Regulierung des Wolfsbestandes könnte mehr Weidehaltung ermöglichen, so ein Argument von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) und dem Bauernverband.

Weniger Angriffe auf Pferde: "Meldungen über Wolfsrisse geben auch Pferdehaltern allen Grund zur Sorge", heißt es von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung. Daher wünscht auch sie sich eine Regulierung des Wolfsbestands.

Tierart sei nicht mehr akut gefährdet: Der Wolf sei mittlerweile keine akut gefährdete Art mehr, sodass er den derzeitigen Status "streng geschützt" verdiene, argumentiert der Bauernverband.

Mehr Akzeptanz für den Wolf: Eine stärkere Regulierung des Wolfsbestandes würde auch die Akzeptanz in der Bevölkerung für den Wolf erhöhen, ist ein weiteres Argument.

Kontra Neuregelung: Argumente gegen weniger Wolfsschutz

Wölfe vorm Aussterben schützen: "Nachdem sie rund 150 Jahre in Deutschland ausgestorben waren, sind Wölfe wieder bei uns heimisch" - das gelte es zu schützen, argumentiert der Naturschutzbund Nabu.

Zwei Wölfe in einem Wildpark-Gehege

Zwei Wölfe

Wolf als Teil des Ökosystems: Der Wolf sei auch ein wichtiger Bestandteil der Biodiversität, argumentieren Wolfsschützer wie der Schweizer Verein CHWOLF. Durch Wölfe seien Hirsche und Rehe "vitaler, wandern mehr umher und fressen nicht immer an denselben Orten die jungen, frischen Triebe ab". Das komme zum Beispiel Insekten, Vögeln und Bibern zugute. Und die Kadaver-Reste, die Wölfe übrig lassen, seien eine Nahrungsquelle für Aasfresser.

Weniger Wölfe nicht gleich weniger Risse: Zwar hat die Zahl der Nutztierschäden im Vergleich zu vor zehn Jahren massiv zugenommen. Das könne aber nicht nur eine Folge von mehr Wölfen sein, sagt der Nabu und verweist auf das Jahr 2021. Da wuchs der Wolfsbestand zwar weiter, die Zahl der Übergriffe auf Nutztiere ging im Vergleich zum Vorjahr aber zurück.

Besserer Herdenschutz sei möglich: Statt Wölfe abzuschießen, könne und müsse man Herden besser schützen, zum Beispiel durch Elektrozäune und spezielle Hunde, so ein Argument. Dafür brauche es aber mehr finanzielle Unterstützung und fachliche Beratung, so der Nabu.

Neueregelung zu Wolf-Abschüssen noch lange kein Gesetz

Im Kern gehe es beim Streit um die Wölfe um ein schwer zu lösendes Problem, sagt Brüssel-Korrespondentin Schmidt:

"Renaturalisierung trifft auf Zivilisation. Da gibt es einen Zielkonflikt." Helga Schmidt, ARD-Korrespondentin Brüssel

Bis es in Deutschland möglicherweise tatsächlich so weit ist, dass Wölfe abgeschossen werden, weil ihr Bestand zu groß ist, sei allerdings noch ein weiter Weg, sagt Schmidt. Zunächste brauche es die Zustimmung anderer Staaten, um die Berner Konvention zu ändern. Und schließlich müssten auch in Deutschland Gesetze angepasst werden.

Ob ein Gesetz zum leichteren Abschuss von Wölfen also wirklich kommt und wer dann entscheidet, wann ein Wolfsbestand zu groß ist, sodass Wölfe abgeschossen werden, das sei noch lange nicht klar.

Wird der Wolfschutz abgeschwächt?

WDR Studios NRW 25.09.2024 00:51 Min. Verfügbar bis 25.09.2026 WDR Online


Unsere Quellen:

  • WDR-Gespräch mit ARD-Brüssel-Korrespondentin Helga Schmidt
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Naturschutzbund Nabu
  • Schweizer Wolfschutzverein CHWOLF
  • Deutscher Reiterliche Vereinigung
  • Bundeslandwirtschaftsministerium