Nach Flugunglück: So gefährlich sind Turbulenzen 01:16 Min. Verfügbar bis 21.05.2026

Nach Flugunglück: So gefährlich sind Turbulenzen

Stand: 21.05.2024, 16:28 Uhr

Während eines Flugs von London nach Singapur hat es schwere Turbulenzen gegeben. Die Fluglinie Singapore Airlines spricht von einem Toten und mehr als 30 Verletzten. Wie kann so was passieren? Wie gefährlich sind Turbulenzen?

Bei schweren Turbulenzen während eines Flugs von London nach Singapur ist nach Angaben der Fluglinie Singapore Airlines ein Mensch gestorben, mehr als 30 weitere sind verletzt worden. Wie genau es zu dem Todesfall und den Verletzungen kommen konnte, ist noch unklar.

Die Maschine des Typs Boeing 777-300ER war demnach mit 211 Passagieren und 18 Besatzungsmitgliedern unterwegs und wurde in die thailändische Hauptstadt Bangkok umgeleitet, wo sie am Dienstagmorgen landete.

Eine Boeing 777 von Singapore Airlines auf dem Flughafen von Singapur | Bildquelle: Wallace Woon / picture alliance/dpa/epa / WDR

Daten der Plattform Flightradar legen nahe, dass das Flugzeug über der Westküste von Myanmar plötzlich um 6.000 Fuß, knapp 2.000 Meter, absackte. In der Region hat die Regenzeit begonnen. Teilweise kam es zuletzt zu schweren Unwettern. Ob die für die Turbulenzen verantwortlich waren, ist noch unklar. Eine offizielle Bestätigung gab es zunächst nicht.

Wie entstehen Turbulenzen?

Turbulenzen - oft auch nicht ganz korrekt "Luftlöcher" genannt - entstehen durch Verwirbelungen der Luft. Etwa, wenn Luftströmungen aus unterschiedlichen Richtungen oder mit unterschiedlicher Geschwindigkeit aufeinandertreffen. Wenn das passiert, kann es sein, dass das Flugzeug absackt oder ruckartig hochzieht. Im aktuellen Fall der Fluglinie Singapore Airlines soll das Flugzeug fast zwei Kilometer abgesackt sein.

Diese verwirbelten Luftmassen gibt es auch bei wolkenfreiem Himmel, also unsichtbar. Oder etwa in der Nähe von Quellwolken oder Gebirgen.

Wie groß ist die Verletzungsgefahr bei Turbulenzen?

Harmlose Turbulenzen lösen manchen Flugreisenden zwar ein mulmiges Gefühl aus. In den allermeisten Fällen passiert den Reisenden dabei aber nichts. Vor allem dann nicht, wenn sie angeschnallt auf ihren Plätzen sitzen - wozu sie bei möglicherweise bevorstehenden Turbulenzen vorab vom Personal aufgefordert werden.

Schwere Turbulenzen dagegen sind nicht nur unangenehm, sondern es besteht auch Verletzungsgefahr. Vor rund einem Jahr etwa wurden wegen Turbulenzen insgesamt 27 Menschen an Bord zweier Maschinen von Lufthansa und Condor verletzt. Bei dem Lufthansa-Vorfall habe es sich laut dem Unternehmen um sogenannte Clear-Air-Turbulenzen gehandelt, die ohne sichtbare Wetterphänomene und Vorwarnung auftreten könnten, hieß es weiter.

Gefährlich wird es dann, wenn Essen oder Gepäck durch das Wackeln des Flugzeugs herumfliegen oder man nicht angeschnallt ist. Deswegen wird auch empfohlen, während des gesamten Flugs möglichst immer angeschnallt auf dem Platz sitzen zu bleiben.

Den Flugzeugen selbst können die Winde aber wenig anhaben: "Strukturell sind Flugzeuge seit Jahrzehnten hinreichend stark gebaut", sagte Patrick Vrancken vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). "Auch eine Zunahme um einige Prozent der Turbulenzintensität würde hieran nichts ändern."

Nehmen Turbulenzen beim Fliegen zu?

Luftturbulenzen im Flugverkehr haben in den vergangenen 40 Jahren tatsächlich zugenommen. Laut einer Studie von Wissenschaftlern der britischen Universität Reading ist der Anstieg über dem Nordatlantik und den USA besonders hoch. Grund für die Winde sei der Klimawandel.

Einen Zusammenhang der Zunahme von Turbulenzen mit dem Klimawandel hatten die Autoren bereits in früheren Studien hergestellt. "In Reiseflughöhe erwärmt der Klimawandel das Gebiet südlich des Jetstreams stärker als das Gebiet nördlich davon. Der größere Temperaturunterschied führt zu schärferen Änderungen der Windrichtung und somit zu mehr Turbulenzen.", sagte Co-Autor Paul Williams.

Heißt: Mehr Turbulenzen durch stärkere und instabilere Scherwinde. "Jede zusätzliche Menge CO2 in der Atmosphäre bedeutet einen stärkeren Temperaturunterschied im Jetstream, was eine stärkere Windscherung bedeutet, was wiederum mehr Klarluftturbulenzen bedeutet", so Williams.

Auch aus diesem Grund entwickelt der europäische Flugzeugbauer Airbus gerade neuartige, flexible Flügel. Die sollen sich an die Flugbedingungen anpassen und Turbulenzen abfedern - inspiriert vom Flugverhalten des Albatros.