Nach WDR-Informationen kam die Absage am Samstag etwa 45 Minuten vor dem Start der geplanten Demonstration. Die Polizei verbot einen Zug der pro-palästinensische Demonstranten durch die Stadt Münster, ermöglichte aber eine "Standkundgebung" auf der Stubengasse. Laut Polizei nahmen 150 Menschen daran teil.
Als Grund für die Absage des Zugs durch die Stadt nannte die Polizei in einer Mitteilung "Erfahrungen aus den vergangenen Versammlungen und der Gefahrenprognose". Nach WDR-Informationen wollen die Demonstranten gegen das kurzfristig erfolgte Verbot des Aufzugs klagen.
Verwaltungsgericht hatte Demo mit Zug durch Münster erlaubt
Einen Tag zuvor, am Freitag, hatten Richter des Verwaltungsgerichts Münster entschieden, dass die Begründung der Polizei nicht ausreiche, dass weitere Straftaten bei den Pro-Palästina-Demos zu erwarten seien. Damit sei das Verbot rechtswidrig.
Auf WDR-Nachfrage erklärte ein Sprecher des Verwaltungsgerichts Münster am Samstagebend noch mal, dass nach der Entscheidung vom Freitag ein Zug durch die Stadt erlaubt gewesen wäre. Die Polizei hatte auch Freitag schon argumentiert, dass sich die Stimmung bei den vorherigen Demos in Münster immer weiter hochgeschaukelt habe.
"Wir haben aber mehrere Versammlungen hier in Münster gesehen, bei denen es durch die Einflussnahme des Anmelders dazu gekommen ist, dass es eine Eskalation gegeben hat." Es habe eine wachsende Gewaltbereitschaft und immer mehr Straftaten gegeben, bis hin zur Körperverletzung, so Münsters Polizeipräsidentin.
Verwaltungsgericht widerspricht Polizei teilweise
Bei den bisherigen Pro-Palästina-Demos hat es 24 Strafanzeigen der Polizei Münster gegen Demoteilnehmer und Leiter der Protestzüge und Mahnwachen gegeben. Bisherige Vergehen seien aber kein ausreichender Hinweis darauf, dass es auch bei den beiden neuangemeldeten Demos zu Straftaten kommen müsse, so das Verwaltungsgericht Münster.
Parolen vom Verwaltungsgericht freigegeben
Bislang beurteilen Polizei und Staatsanwaltschaften unter anderem die oft von Palästinensern und ihren Unterstützern gerufene Parole "From the river to the sea Palestine will be free!" als Straftat. Dabei bestehe der Verdacht der Volksverhetzung, so Münsters Polizeipräsidentin Alexandra Dorndorf. Mit dem Spruch - so eine juristische Einschätzung verschiedener Staatsanwaltschaften - würde sowohl das Existensrecht des Staates Israel angezweifelt als auch die Vernichtung des israelischen Volkes gefordert.
Aber die Richter in Münster argumentieren, die Parole müsse auf Demos nicht in diesem Sinne der Terrororganisation Hamas gemeint sein. Demonstranten könnten damit auch das gleichberechtigte Zusammenleben aller Menschen auf dem Gebiet Israels, dem Westjordanland und dem Gaza-Streifen meinen.
Übersetzt heißt die Parole: "Vom Fluss (also dem Jordan im Osten) bis zum Meer (also dem Mittelmeer im Westen) soll ganz Palästina frei sein." Das umfasst auch das komplette Staatsgebiet Israels. Ebenfalls bei anderen umstrittenen, oft verbreiteten Parolen sieht das Verwaltungsgericht die Strafbarkeit nicht als erwiesen an. Selbst zum Beispiel bei dem Ausspruch "Israel Kindermörder". Dies könne ein neutraler Beobachter als massive Kritik am Staat Israel aufnehmen, aber nicht zwangsläufig als antisemitisch, so die Richter in Münster.
Gerichtsentscheidung ein voller Erfolg für Demo-Organisatoren
Die münstersche Gruppierung "Palästina Antikolonial" hat die Pro-Palästina-Demos in Münster organisiert und dafür geworben. Zum ersten Mal sprach heute ein Mitglied der umstrittenen Gruppe, Sami A. (seinen vollen Namen will er nicht öffentlich nennen), im Interview mit dem WDR.
"Die Polizei unterdrückt unser Recht auf Meinungsfreiheit und unser Demonstrationsrecht", kritisiert Sami A. Das Verbot sei absolut rechtswidrig. Die Versammlungen seien bislang keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit gewesen, so wie die Polizei es beurteilt habe. "Wir waren stets friedlich und haben uns von Gewalt distanziert", ergänzt der 35-jährige Münsteraner. Er betont auch, dass die 2020 in Münster gegründete Gruppe "Palästina Antikolonial" die Taten der Terrororganisation Hamas verurteile.
Polizei konnte sich in Düsseldorf nicht durchsetzen
In Düsseldorf konnte die Polizei einige Auflagen für zwei Pro-Palästina-Demos nicht durchsetzen. Die Demonstration fand statt.
Die Anmelder hatten sich vor dem Verwaltungsgericht dagegen gewehrt. Die Polizei hatte untersagt, dass die Begriffe "Völkermord" und "Genozid" und die Parole "israelische Verbrechen gegen den Gazastreifen" gerufen werden.
Das Gericht hat am späten Freitagnachmittag dagegen entschieden. Eine Sprecherin erklärte, dass die Parolen und Sprüche von der Meinungsfreiheit gedeckt sein könnten. Die Polizei kann gegen diese Entscheidung noch Einspruch vor dem Oberverwaltungsgericht einlegen.
Zehn Demos am Samstag in NRW
Laut NRW-Innenministerium waren für Samstag zehn Demonstrationen landesweit angemeldet.
Pro-palästinensische Versammlungen:
- Bielefeld: "Pro-Palästina"
- Düsseldorf: "Stoppt die Aggression"
- Köln: "Frieden für den Nahen Osten; Gegen die einseitige Positionierung der politischen Klasse und unserer Medien im Nahost-Konflikt; Solidarität mit der leidenden palästinensischen Zivilbevölkerung in Gaza"
- Münster: "Gemeinsam laut für Palästina"
- Paderborn: "Demonstration für Gaza als solidarische Unterstützung"
- Herne: "Israel Palästina Konflikt / pro Palästina"
Pro-israelische Versammlungen:
- Düsseldorf: "Gegen jeden Antisemitismus, Islamismus und Rassismus - Bring them home now!"
- Köln: "Soldarität mit Israel! Solidarität mit der Ukraine!"
- Lübbecke: "Mahnwache für die entführten israelischen Geiseln"
- Köln: Veranstaltung der Women´s International Zionist Organisation
In Aachen ist für heute eine Versammlung mit dem Namen "Schweigemarsch für den Frieden in Gedenken an die Opfer im Nahen Osten" angemeldet. Am Sonntag (19.11.) ist eine Demo mit dem Namen "Juden und Palästinenser für den Frieden" in Köln angemeldet.