Vorgezogene Neuwahl: Gütersloh sucht ein neues Stadtoberhaupt

Lokalzeit OWL 15.11.2024 03:14 Min. Verfügbar bis 15.11.2026 WDR Von Oliver Köhler

Vorgezogene Neuwahl: Gütersloh sucht ein neues Stadtoberhaupt

Stand: 17.11.2024, 07:36 Uhr

Der bisherige Bürgermeister von Gütersloh, Norbert Morkes, wurde von seinem Posten entfernt. Amtsmissbrauch und sexistisches Verhalten lauteten die Vorwürfe. Der Stadtrat leitete im Frühjahr ein Abwahlverfahren ein, dem die Mehrheit der Bürger im Sommer folgte. Heute wird neu gewählt.

Von Portrait von Oliver KöhlerOliver Köhler (Bielefeld)

Es soll ein Neuanfang in Gütersloh werden. Ein Jahr ist die 100.000 Einwohnerstadt ohne Führungsperson. Denn schon Monate vor dem Abwahlverfahren im Juni 2024 war der ehemalige Bürgermeister krankgeschrieben.

Wirklicher Neustart?

Zur Wahl stehen drei Männer von CDU, SPD, AfD und eine Frau von Bündnis 90/ Die Grünen. Die Zusammensetzung des Quartetts ist spannend. Denn alle waren in die Abwahl des bisherigen Bürgermeisters involviert. Drei als Mitglieder des Stadtrats, einer als Spitzenbeamter der Stadtverwaltung.

Ratssaal vor der Sitzung

Ratssitzung zum Abwahlverfahren von Norbert Morkes in Gütersloh

So stimmten die Kandidatin der Grünen, Gitte Trostmann, und der Bewerber von der SPD, Matthias Trepper, in der entscheidenden Sitzung für die Einleitung des Abwahlverfahrens. Thorsten Drescher von der AfD enthielt sich damals.

Der CDU Kandidat, Henning Matthes, hat als Spitzenbeamter zwar nicht mit abgestimmt, gehört aber zu den Verfassern eines Briefes, in dem schwere Vorwürfe gegen den damaligen Bürgermeister Norbert Morkes erhoben wurden.

Dieser Brief hatte alles überhaupt erst ins Rollen gebracht. Matthes und Drescher treten das erste Mal zur Wahl an, für Trostmann und Trepper ist es der zweite Versuch, das höchste Amt der Stadt zu bekommen.

Abgewählter Bürgermeister wollte noch einmal antreten

Der Bürgermeister Norbert Morkes sitzt neben seinem Rechtsanwalt Dr. Holger Rostek

Norbert Morkes neben seinem Rechtsanwalt Dr. Holger Rostek

Der ehemalige Bürgermeister Norbert Morkes sieht sich als Opfer einer Schmutzkampagne. Er versuchte nochmal zur Wahl anzutreten, bekam aber im Vorfeld die nötigen Unterschriften nicht zusammen. Der 73-Jährige ist in Gütersloh eine schillernde Persönlichkeit vom Typ Kumpel.

Selbst als Verwaltungschef im Rathaus ließ er sich gerne von jedem "Nobby" nennen. Er war Musikproduzent und ist Eventmanager. Er organisiert immer noch Mittelalterfeste in der Region. Kommunalpolitisch wurde er mit dem von ihm gegründeten Verein "Bürger für Gütersloh" (BfGT) aktiv.

Schwere Vorwürfe führten zur Abwahl

2020 wurde Norbert "Nobby" Morkes überraschend in der Stichwahl zum Bürgermeister in Gütersloh gewählt. Doch er eckte im Rathaus an. Seine Spitzenbeamten warfen ihm vor, dass er alleine Entscheidungen getroffen hätte, die der Stadt finanziell geschadet hätten.

Zudem soll er sich gegenüber Frauen sexistisch verhalten haben. Und er soll seinen Dienstwagen samt Chauffeur für private Zwecke genutzt haben. Der Kreis Gütersloh als Aufsichtsbehörde suspendierte Morkes daraufhin vorläufig vom Dienst.

Er durfte das Rathaus nicht mehr betreten. Und auch die Staatsanwaltschaft Bielefeld ermittelte gegen ihn. Stellte das Verfahren aber im vergangenen Mai gegen Zahlung von 8.000 Euro ein.

Neues Stadtoberhaupt bleibt bis 2030 im Amt

Die nächste reguläre Kommunalwahl ist zwar schon im September 2025, doch der oder die Neue im Gütersloher Rathaus wird nicht nur für ein Jahr, sondern ausnahmsweise für sechs Jahre gewählt. Also bis zur übernächsten regulären Kommunalwahl.

80.600 Wahlberechtigte sind jetzt aufgerufen, einen neuen Bürgermeister oder eine neue Bürgermeisterin zu bestimmen. Gut möglich, dass keiner der vier Kandidaten im ersten Anlauf mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen erhält. Sollte dies so sein, würde es in zwei Wochen zu einer Stichwahl kommen.

Unsere Quelle:

  • Reporter in WDR-Recherche