Benutzte Coffee-to-go-Pappbecher liegen in der Natur

Kommt die Verpackungssteuer nach NRW?

Stand: 22.01.2025, 21:46 Uhr

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verpackungssteuer in Tübingen für rechtmäßig erklärt. Eine Signalwirkung für Städte in NRW?

In Deutschland werden jede Stunde rund 320.000 Einwegbecher für Heißgetränke verbraucht. Einwegverpackungen für Gerichte und Getränke zum Mitnehmen sorgen in den Städten für viel Müll und zusätzliche Entsorgungskosten. Das Bundesverfassungsgericht hat heute die Verpackungssteuer, die in Tübingen 2022 eingeführt wurde, für verfassungsgemäß erklärt und die Beschwerde eines McDonald’s Franchisenehmers zurückgewiesen. Eine Signalwirkung für Städte in NRW? Könnte der Cafe-To-Go-Becher hier demnächst auch mehr kosten?

To-Go könnte richtig teuer werden

In Tübingen zahlen Kunden bereits 50 Cent drauf - für Einwegverpackungen wie Kaffeebecher und Pommesschalen - und 20 Cent für Einwegbesteck und Strohhalme. Außerhalb von NRW haben schon andere Städte mitgezogen: Konstanz erhebt seit Anfang dieses Jahres eine ähnliche Steuer, Freiburg plant die Einführung einer solchen Steuer ab Sommer. Das heutige Urteil kann auch eine Signalwirkung für Kommunen in NRW haben.

Köln plant bereits eine Verpackungssteuer

Zum 1. Januar 2026 könnten die Kölner bereits für Verpackungen mitbezahlen. Das Mehrheitsbündnis im Kölner Stadtrat hat diesen Vorschlag für den Haushaltsentwurf aufgenommen. Ziel ist es, durch die Besteuerung von Einwegverpackungen wie Pizzakartons jährlich rund zehn Millionen Euro für den städtischen Haushalt einzunehmen.

Welche Städte in NRW werden nachziehen?

Der Ausschuss für Umwelt- und Verbraucherschutz des Städte- und Gemeindebundes NRW hatte den Kommunen zuletzt im November 2023 empfohlen, mit der Einführung der Steuer zu warten, bis das Bundesverfassungsgericht endgültig entschieden hat. Das hat es nun. Arnsberg, Bielefeld, Bergkamen, Brühl, Eschweiler, Gütersloh, Lünen, Oberhausen, Paderborn, Sankt Augustin, Viersen, Willich und Wuppertal könnten die nächsten sein. Zumindest hatten sie in einer Umfrage der Deutschen Umwelthilfe vor zwei Jahren Interesse an der Steuer gezeigt. Nach heutiger Nachfrage in Bielefeld, Mönchengladbach und Viersen wollen sich die Städte noch nicht zu möglichen Plänen äußern und die neue Sachlage erst einmal ordentlich prüfen.

Urteil zu Tübingen als Vorbild für andere Städte?

Die Deutsche Umwelthilfe sieht in dem Urteil eine Strahlkraft für anderen Kommunen.

„Durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist der Startschuss gegeben." Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe e.V.

Nur so könne Deutschland raus aus der Plastikkrise, sagt die Deutsche Umwelthilfe. Die Verpackungsmüllzahlen im Bundesland seien auch in den letzten Jahren weiter angestiegen. Für einen Trendwechsel sei die Einwegverpackungssteuer genau das richtige Instrument.

Plastikverpackungsmüll in NRW verdoppelt

Die Pro-Kopf-Menge an Verpackungsmüll in Deutschland soll seit 10 Jahren um 26 Prozent gestiegen sein. Das ist der Webseite der Deutschen Umwelthilfe zu entnehmen. In NRW haben sich nach Angaben des Ministeriums für Information und Technik NRW in dem Zeitraum die Abfallmengen für Kunststoffverpackungen tatsächlich mehr als verdoppelt. Lediglich Papier- und Pappverpackungen sind um 20 Prozent gesunken. Barabara Metz von der Deutschen Umwelthilfe hält eine Verpackungssteuer für "den richtigen Hebel, um dafür zu Sorgen, dass die Menschen einen Anreiz haben, umzusteigen von der umweltschädlichen Einwegverpackung auf die klimafreundliche Mehrwegverpackung." Das Beispiel in Tübingen habe gezeigt, dass damit maßgeblich Müll reduziert werden könne.

Verpackungssteuer in Tübingen ohne Effekt

Eine Studie von Stefan Moderau von der Universität Tübingen kam jedoch zu dem Ergebnis, dass die Verpackungssteuer die Müllmenge in den städtischen Abfalleimern nicht reduziert hat, obwohl viele Restaurants, Imbisse und Cafés Pfandsysteme für Becher und Schüsseln eingerichtet haben. An große Ergebnisse in Köln glaubt Matthias Johnen vom DEHOGA Nordrhein daher nicht.

„Man wird hier keine Überzeugungsarbeit leisten." Matthias Johnen, DEHOGA Nordrhein

Der Kunde entscheide heute mehr denn je auch über den Preis und die Branche werde darunter leiden. Man könne Kunden nicht in den Mehrweg zwingen. Kunden hätten angebotene Mehrwegsysteme in der Vergangenheit bereits nicht angenommen. "Es ist leider so, dass ein Becher oder auch eine Schale sehr unsexy daher kommt und in der Tasche oder auch im Beutel nicht sehr gerne mitgenommen wird", sagt Johnen.

Bundesweite Verpackungssteuer gefordert

Neben der Diskussion um einzelne Kommunen ist eine bundesweite Steuer, wie sie die Deutsche Umwelthilfe und auch der Deutsche Städtetag fordern, denkbar und würde dem Trend einiger kürzlich eingeführter Regelungen entsprechen: Seit diesem Jahr gibt es bereits die Ausweitung der Mehrwegangebotspflicht auf sämtliche Materialien, die Verpflichtung für Supermärkte, Discounter und Händler, Mehrwegalternativen für Getränke anzubieten. Ab dem Frühjahr kommt die Einführung einer bundesweiten Einwegkunststoffabgabe.

Quellen:

  • DEHOGA Nordrhein
  • Deutsche Umwelthilfe e.V.
  • Deutscher Städtetag
  • Stadt Viersen
  • Stadt Mönchengladbach
  • Stadt Bielefeld
  • Städte- und Gemeindebund NRW
  • Bundesverfassungsgericht
  • Ministeriums für Information und Technik NRW

Über dieses Thema berichten wir am Donnerstag, 23.01.2025 im WDR Hörfunk im Morgenecho bei WDR5.

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